Kann Beratung und Psychotherapie auch schaden? 

Zur Bedeutung unerwünschter Nebenwirkungen und Gefahren von Psychotherapie und psychosozialer Beratung im Zusammenhang mit deren Nachhaltigkeit

 

Keine Wirkung ohne Nebenwirkung, lautet ein bekannter Aphorismus. Dies gilt umso mehr für hochwirksame Effekte, wie sie etwa im Kontext von Psychotherapie zutage treten. Umso erstaunlicher ist es, dass lange Zeit in diesem Kontext eine fast schon naive Haltung bezüglich möglicher „Kollateralschäden“ verbreitet war – nach dem Motto: wir reden ja „nur“, was soll denn daran schaden. Seit einigen Jahren werden mögliche Nebenwirkungen, Gefahren und Schäden von Psychotherapie und psychosozialer Beratung nun jedoch verstärkt in den Blick genommen – und zwar bezüglich theoretischer Konzeptualisierung als auch empirischer Erfassung selbiger. Im dem Kolloquium sollen einige Aspekte der Diskussion aufgegriffen sowie der Theoriebildung und Forschung zum Thema skizziert werden.

 

 

Impuls

Prof. Dr. Matthias Ochs, Hochschule Fulda

Ein lange Zeit vernachlässigtes Thema: Unerwünschte (Neben-) Wirkungen, Gefahren und Schäden im Rahmen psychologisch begründeter Interventionen im Kontext von Psychotherapie und psychosozialer Beratung

Dass Psychotherapie und psychosoziale Beratung auch negative Wirkungen oder gar Schäden zeitigen kann, wurde lange Zeit nicht in den Blick genommen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, u.a. begründet in dem Mythos, dass es doch niemanden schaden kann, wenn man in besten Absichten und zudem im professionellen Rahmen „nur miteinander redet“. Doch jede Apotheker*in weiß, dass das, was wirkt, eben auch nebenwirkt. Und Psychotherapie erzielt im Durchschnitt mittlere bis hohe Effektstärken. Deshalb wird seit einigen Jahren verstärkt im Rahmen von Nutzen-Schaden-Abwägungen angemahnt, Nebenwirkungen und Gefahren systematischer, valide und reliabel zu erfassen.

 

Vortrag

Prof. Dr. Zbyněk Vybíral, Masaryk University Brno

Negative/ adverse effects in psychotherapy and counseling (overview of past and current studies)

Recently, Barney Vaughan et al. (2014) concluded in their comparative efficacy study, that “at present the monitoring of adverse events in psychotherapy research falls behind that of psychopharmacology research.” We all know relatively enough about side effects of pills, but only a few about side effects or negative effects of psychotherapy. The talk is aiming to sketch some efforts in the field and to bring more knowledge about what we call as potentially deterioration or harm or negative effects. Historically taken, the debates of faults and errors in psychotherapy have been a substantial part of critical thinking in psychotherapy development since its very beginning. In contemporary psychotherapy research we face the new challenges to foster and to study more in details what our clients expect and why they are unsatisfied so often. However, does a temporally dissatisfaction with process in psychotherapy means automatically negative side effect? Discussion focused on substantial questions like “How do we know whether this one is or isn’t adverse event?”