Interkulturelle Hochschulbildung

Zur grundlagentheoretischen und empirischen Fundierung einer Interkulturellen Hochschuldidaktik

(Vorbereitung eines Forschungsprojekts) 

Mit dem Prozess der Internationalisierung deutscher Hochschulen zeichnet sich ein Bedeutungszuwachs interkultureller Aspekte in der Hochschullehre ab. Bislang wurden hochschuldidaktische Konzepte zur interkulturellen Lehre eher ‚deduktiv‘ aus den relevanten theoretischen Diskursen ‚abgeleitet‘. Mit dem Fehlen einer grundlagentheoretisch-empirischen Fundierung der Konzepte besteht allerdings die Gefahr, die didaktischen Anforderungen an eine interkulturelle Lernpraxis an Hochschulen von vornherein zu verfehlen. 

Wir möchten die Möglichkeiten, die die Hochschule Fulda als ein interkulturelles Lernfeld bietet, zu einer grundlagentheoretisch und empirisch angelegten Untersuchung nutzen und so dazu beitragen, einen zentralen Mangel der Theoriebildung zur interkulturellen Hochschuldidaktik zu beheben. In diesem Sinne geht es uns um eine fallanalytische Rekonstruktion von nicht hintergehbaren Problemlagen der interkulturellen Lehre und um eine auch Empirie gestützte Rekonstruktion entsprechender didaktischer Prinzipien und Möglichkeiten. Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine kommunikationssoziologische Analyse der Praxis didaktischen Handelns für den Bereich der interkulturellen Hochschulbildung.

Teaching Intercultural Communication

Dieser Forschungsschwerpunkt unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Norbert Schröer widmet sich der Improvisation als didaktisches Kernelement der interkulturellen Hochschulbildung. Die Betrachtung findet dabei auf folgenden drei Ebenen statt:

I. Der aktuelle Diskurs zum Studium von interkultureller Kommunikation und Kompetenz an den Hochschulen ist geprägt von thematisch vorgegebenen Curricula. Die thematischen Systematiken werden didaktisch ‚heruntergebrochen’ über den Einsatz von Arbeitsgruppen, in denen beispielsweise Rollenspiele durchgeführt und interkulturelle Szenarien z.B. via Filmmaterialien eingegeben und dann im Detail in Bezug auf die interkulturelle Essenz etwa in Fallanalysen  besprochen werden. Interkulturalität wird so an die Teilnehmer herangetragen und muss von ihnen von vornherein reflexiv adaptiert werden. Angesprochen ist in der Regel eine weitgehend kulturell homogene Studentenschaft (Otten, Scheitza, Cnyrim 2007, Bd.2).

II. An der Hochschule Fulda wird in dem Master-Studiengang „Intercultural Communication and European Studies (ICEUS)“ ein didaktisch alternatives Konzept umgesetzt. Basis dieses Konzepts ist die die Interkulturalität der Lerngruppe. Diese Interkulturalität bildet die zentrale didaktische Lernressource: Interkulturelle Kommunikation und Kompetenz können direkt aus dem aktuellen und situativen Zusammenwirken der Studierenden von ihnen erfahren und dann theoretisch aufgearbeitet und vertieft werden. Die Reflexion ist so aus der aktuellen Lebenssituation heraus erfahrungsbasiert. Ein solcher ‚induktiver Lernansatz’ lässt sich aber nur umsetzen, wenn der Improvisation bei der Bildung des Curriculums breiter Raum gelassen wird. Das Curriculum bildet sich so in großen Teilen aus den Improvisationen der Lerngruppe, der vorgegebene curriculare Rahmen muss entsprechend flexibel angelegt sein. Im Vortrag würde dass ggf. illustriert.

III. Der in Fulda vertretene didaktische Ansatz entspricht in besonderer Weise der Wirklichkeit einer globalisierten (Arbeits-)Welt und der zunehmenden Internationalisierung der Hochschulbildung. Eingebunden in eine gemeinsame interkulturelle Lebens- und Lernwirklichkeit ist es den Studierenden so auferlegt, Praktiken der interkulturellen Verständigung herauszubilden und entsprechende Kompetenzen aufzubauen. Dieser über das Studium zu fördernde selbsterlebte Erfahrungsraum macht dann in besonderer Weise sensibel für die in einem globalisierten interkulturellen Alltag anfallenden Probleme und für die Möglichkeiten, sie zu lösen. An diese Sensibilität ansetzende analytische und theoretische Vertiefungen versprechen den Aufbau eines fundierten, nachhaltigen und von daher auch gerade in einer globalisierten Welt relevanten Wissen um Interkulturalität. Die Umsetzung dieses didaktischen Ansatzes ist aber nur möglich, wenn die Improvisation als didaktisches Kernelement begriffen wird. Eine so angelegte ‚Improvisationsdidaktik’ ist für die Nutzung von „Diversitätspotentialen  in der Hochschulbildung“ (Leenen/Groß 2007; Otten 2006) von allgemeiner Bedeutung. In unserem Forschungsprojekt „Teaching Intercultural Communication“ arbeiten wir an der Operationalisierung einer so verstandenen interkulturellen Improvisationsdidaktik.