Vier Absolvent*innen mit Nachwuchspreis ausgezeichnet

Das wissenschaftliches Zentrum ELVe der Hochschule Fulda hat erstmals Preise für herausragende Abschlussarbeiten vergeben. Sie zeigen das innovative Potenzial im Bereich Ernährung, Lebensmittel und nachhaltiger Versorgungssysteme für die Region.

Es geht um Lebensmittelverschwendung, Honig, eine bessere Versorgungsqualität in der Ernährungsberatung und um mehr Nachhaltigkeit in der Beschaffungslogistik des Lebensmitteleinzelhandels: Vier Nachwuchspreise hat das wissenschaftliche Zentrum für Ernährung, Lebensmittel und nachhaltige Versorgungssysteme (ELVe) an der Hochschule Fulda verliehen. „Wir wollen mit dem neu geschaffenen Preis den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und zugleich auf das innovative Potenzial hinweisen, das in dem wissenschaftlichen Zentrum ELVe steckt – auch für die Region“, erläutert Professorin Dr. Stephanie Hagspihl aus dem Fachbereich Oecotrophologie, Mitglied des ELVe-Vorstands, die Idee dahinter. Coronabedingt fand die Preisverleihung online statt.

Der erste, mit 1.000 Euro dotierte Preis ging an Johanna Stietz (25), Absolventin des Bachelor-Studiengangs Verpflegungs- und Versorgungsmanagement, für ihre Abschlussarbeit zur Frage, wie der Lebensmitteleinzelhandel im Landkreis Fulda die Lebensmittelverschwendung reduzieren kann. Mit sieben lösungsorientierten Handlungsempfehlungen liefert sie den Unternehmen in der Region konkrete Vorschläge, um die bereits erfolgreich etablierten Maßnahmen zu ergänzen und zu optimieren, zum Beispiel das Erstellen eines Maßnahmenkatalogs durch die Zentralen der Lebensmitteleinzelhandelsketten oder die Schaffung finanzieller Anreize zur Verringerung von Lebensmittelverschwendung.

Platz zwei doppelt vergeben

Den zweiten Preis teilten sich Michelle Adam (24) und Mareike Krämer (25). Beide erhielten ein Preisgeld von jeweils 500 Euro. Michelle Adam untersuchte in ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Oecotrophologie die Auswirkungen von Absperrgittern in der Bienenhaltung auf die sensorischen Merkmale von Honig deutscher Demeter-Imkereien. Sie bearbeitete damit praktische Fragestellungen des Demeter-Anbauverbandes und konnte zeigen: Sensorisch entscheidend ist vor allem die Herkunft des Honigs, also der Standort der Bienenstöcke. Mareike Krämer setzte sich in ihrer Bachelor-Arbeit im dualen Studiengang Diätetik mit der Dokumentation der Ernährungstherapie im Klinikum Fulda auseinander. Sie hat einen Dokumentationsstandard entwickelt, der die Versorgung von Patient*innen und Klient*innen in der Region deutlich verbessern hilft.

Alle drei Arbeiten, lobte die Jury, zeichneten sich durch ihre wissenschaftliche Qualität wie eine hohe Praxisrelevanz aus und griffen wichtige Themen aus dem wissenschaftlichen Zentrum ELVe auf.

Sonderpreis für Praxistransfer

Einen Sonderpreis für Praxistransfer in Höhe von 500 Euro vergab das wissenschaftliche Zentrum ELVe für die im Studiengang Logistikmanagement entstandene Arbeit von Jonas Sieweke (22) zur Beschaffungslogistik des Unternehmens tegut… Logistik GmbH &Co. KG. Der Bachelor-Absolvent richtete den Blick nicht nur auf die Kostenoptimierung, sondern auch auf das ökologische Potenzial, das in den Prozessen steckt.

Für den Nachwuchspreis konnten sich fachbereichsunabhängig alle Studierenden und Absolvent*innen der Hochschule Fulda bewerben, die sich mit ELVe-relevanten Themen aus den Bereichen Naturwissenschaften und Technik, Informatik, Wirtschafts-, Haushalts- Ernährungs- oder Sozialwissenschaften eine Projekt- oder Abschlussarbeit beschäftigt hatten. „Unser Ziel ist, aus verschiedenen Fachgebieten Studierende anzuregen, sich mit einem Thema aus dem Bereich Ernährung, Lebensmittel und nachhaltige Versorgungssysteme auseinanderzusetzen und so die Interdisziplinarität unseres Zentrums weiter zu stärken“, betont der ELVe-Vorstand, dem neben Professorin Hagspihl auch Professorin Dr. Claudia Kreipl aus dem Fachbereich Wirtschaft, Professor Dr. Marc Birringer aus dem Fachbereich Oecotrophologie und Dr. Catherina Jansen, wissenschaftliche Mitarbeiterin im ELVe, angehören. Denn viele Fragen im Bereich Ernährung und Lebensmittel und der Versorgungssysteme ließen sich nur fachübergreifend lösen.

Insgesamt bewarben sich elf Bachelor- oder Masterabsolvent*innen mitsamt Empfehlungsschreiben der Erstbetreuenden. Alle Arbeiten zeugten von herausragender Qualität, waren mindestens mit der Note 1,3 bewertet worden und erwiesen sich als durchweg relevant für das Tätigkeitsfeld des ELVe.

 

Hintergrundinformationen zu den ausgezeichneten Arbeiten

Platz 1
Johanna Stietz
Abschlussarbeit im Bachelor-Studiengang Verpflegungs- und Versorgungsmanagement

Titel der Arbeit:
Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung auf Ebene des Lebensmitteleinzelhandels und deren Umsetzung im Landkreis Fulda

Johanna Stietz hat sich in ihrer Abschlussarbeit mit der Frage beschäftigt, wie der Lebensmitteleinzelhandel im Landkreis Fulda die Lebensmittelverschwendung reduzieren kann. Den Rahmen bildet die UN-Zielvorgabe 12.3, die die Halbierung der Lebensmittelverschwendung auf Handels- und Verbraucherebene fordert.

Dazu ermittelte sie auf Basis der aktuellen Studienlage, welche Maßnahmen generell infrage kommen und analysierte darauf aufbauend die Umsetzung der Maßnahmen in ausgewählten Filialen. Sie führte vier Interviews mit Filial*leiterinnen von Supermärkten im Landkreis. Die Gespräche ermöglichten es ihr, über den Stand der umgesetzten Maßnahmen hinaus auch Herausforderungen und Bedenken der Befragten zu ermitteln. Auf dieser Grundlage entwickelte die Absolventin schließlich sieben lösungsorientierte Handlungsempfehlungen für die Unternehmen als Ergänzung und zur Optimierung der bereits umgesetzten Maßnahmen. Beispielsweise kann ein von den Zentralen der Lebensmitteleinzelhandelsketten erstellter detaillierter und praxisorientierter Maßnahmenkatalog mit konkreten Handlungsempfehlungen die Filialleiter*innen dabei unterstützen, Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung umzusetzen. Der Katalog sollte neben detaillierten Anleitungen auch eine Gegenüberstellung der positiven und negativen Folgen der Umsetzung enthalten, um den Filialleiter*innen potenzielle Bedenken zu nehmen und fundiert über mögliche Risiken zu informieren. Ergänzend könnten Expert*innen in den einzelnen Maßnahmenbereichen – etwa der Optimierung der Warenwirtschaftssysteme oder dem sachgemäßen Umgang mit der Ware – durch die Zentralen eingestellt werden. Diese würden den Filialleiter*innen beratend zur Seite stehen, um individuelle Lösungen für die Umsetzung der Maßnahmen in den Filialen zu finden.

Die Arbeit zeige ein tiefgehendes Verständnis für die Problematik und die Rahmenbedingungen in der Praxis, und sie entwickle in einem neuen Arbeitsfeld konkrete Handlungsempfehlungen nach wissenschaftlichen Standards, hob die Jury hervor. Die Arbeit sei daher von großer praktischer Relevanz für den Lebensmitteleinzelhandel. Alle Empfehlungen würden zu einer ökologischeren, ökonomischeren und nachhaltigeren Betriebspraktik beitragen, und sie förderten das Erreichen der UN-Zielvorgabe.

Platz 2
Michelle Adam
Abschlussarbeit im Bachelor-Studiengang Oecotrophologie

Titel der Arbeit:
Absperrgitter in der Bienenhaltung – Eine Analyse der Auswirkungen auf die sensorischen Attribute von Honig

Michelle Adam untersuchte in Zusammenarbeit mit dem Forschungsring e.V. und der Bundesfachgruppe Demeter-Bienenhaltung, wie sich ein Absperrgitter im Bienenstock auf die sensorische Honigqualität auswirkt. Diese sollte anhand von 38 Attributen hinsichtlich Aussehen, Geruch, Geschmack, Textur und Mundgefühl messbar gemacht werden. Absperrgitter trennen im Bienenstock Brut- und Honigraum voneinander ab. Sammel- und Flugbienen können diese passieren, die Königin dagegen nicht. So lässt sich verhindern, dass sie ihre Brut in den Honigraum legt. Für ein Demeter-Zertifikat dürfen Imkereien nur in wenigen Ausnahmefällen Absperrgitter verwenden. Des Weiteren ermittelte die Absolventin, wie groß der Einfluss des Absperrgitters im Vergleich zu dem Einfluss des Standorts auf die Sensorik ist.

Acht deutsche Demeter-Imkereien lieferten jeweils eine Honigprobe aus Bienenhaltung mit und ohne Absperrgitter. Für die sensorische Prüfung baute Michelle Adam ein Sensorik-Panel auf. Sie suchte Prüfpersonen, wählte geeignete Bewerber*innen aus und schulte diese. Ergebnis: In Abhängigkeit von der Verwendung oder Nichtverwendung eines Absperrgitters ließen sich keine signifikanten Unterschiede feststellen, die bei allen 16 Honigproben gleichermaßen auftraten. Die Ergebnisse zeigen, dass der Standort einen größeren Einfluss hat als das Absperrgitter.

Die Arbeit gebe nicht nur Antworten auf praktische Fragestellungen des Demeter-Anbauverbandes, sondern trage auch zur Zusammenarbeit von Hochschule und Praxis der Lebensmittelproduktion sowie zum Wissenstransfer bei, betonte die Jury.

Platz 2
Mareike Krämer
Abschlussarbeit im dualen Bachelor-Studiengang Diätetik

Titel der Arbeit:
Erarbeitung eines Dokumentationskonzeptes für ernährungsbezogene Patient*innendaten zur Einbindung in das Entlassmanagement des Klinikums Fulda und dessen praktische Umsetzung

Mareike Krämer hat einen Dokumentationsstandard für Ernährungsberatung und -therapie im Klinikum Fulda entwickelt und damit ein Thema von hoher Praxisrelevanz bearbeitet. Denn für die Dokumentation diätetischer Daten in Deutschland gibt es bislang kaum verpflichtende Vorgaben. Die Folge: Transparenz und Kontrolle ernährungstherapeutischer Maßnahmen sind kaum möglich. Vor allem an der Schnittstelle von der stationären zur ambulanten Versorgung gehen viele Informationen verloren. Wenn im Entlassbrief dagegen etwas zur Ernährungsberatung oder -therapie steht, könnten beispielsweise die Hausärzt*innen sehen, was gemacht wurde. Dokumentation ist damit der Schlüssel, um die Versorgungsqualität der Patient*innen zu verbessern.

Der von Wissenschaftler*innen erarbeitete Dietetic Care Process (DCP), ein Leitfaden für prozessgeleitetes Handeln in der Ernährungsberatung und -therapie, soll die erforderliche Transparenz sicherstellen. Er standardisiert Handlungsabläufe und ermöglicht dadurch die Kontrolle ernährungstherapeutischer Maßnahmen. Die Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung lässt sich so ebenso verbessern wie die individuelle Versorgungsqualität. Hier setzt das Konzept von Mareike Krämer an. Sie analysierte vor dem Hintergrund des DCP die Dokumentation des Klinikums Fulda und leitet Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des Standards ab. Systematisch arbeitet sie heraus, von welcher Berufsgruppe welche Inhalte zu dokumentieren sind und wo Zuständigkeiten offen sind.

Die Arbeit liefere eine sehr gute Aufbereitung der anzustrebenden Standards für die Dokumentation von Ernährungsberatung in stationären Einrichtungen als Bestandteil der Qualitätssicherung, urteilte die Jury. Aus einer tiefgehenden Analyse des Ist-Zustands leite die Absolventin klare und sehr praxisrelevante Handlungsempfehlungen ab. Mit der Arbeit sei es gelungen, nicht nur einen Transfer zwischen Forschung und Praxis zu schaffen, sondern auch dazu beizutragen, die Versorgungsqualität für alle Patient*innen und Klient*innen zu verbessern.

Sonderpreis für Praxistransfer
Jonas Sieweke
Abschlussarbeit im Bachelor-Studiengang Logistikmanagement

Titel der Arbeit:
Analyse der Implementierung einer eigenen Beschaffungslogistik bei der tegut… Logistik GmbH & Co. KG am Beispiel ausgewählter Lieferanten

Jonas Sieweke befasst sich detailliert und kritisch mit dem Versorgungssystem des Lebensmittelhandels und damit zugleich auch mit der Versorgung der Gesellschaft mit Lebensmitteln. Er untersucht, inwieweit die tegut… Logistik GmbH & Co. KG ihre Prozesse der Warendisposition, des Transports und der Warenannahme durch eine eigene, selbst gesteuerte Beschaffungslogistik nachhaltiger gestalten kann. Damit legt er den Fokus nicht nur auf Kostenoptimierung, sondern auch auf ökologischen Potenziale einer eigenen Beschaffungslogistik. Bei der aktuellen Beschaffungslogistik wird die Ware von der tegut… Logistik GmbH & Co. KG beim Lieferanten in der optimalen Menge bestellt und nach Eintreffen im jeweiligen Lager vereinnahmt. Den Transport der Ware an die entsprechenden Lager organisiert der Lieferant und führt ihn entweder selbst durch oder beauftragt eine Spedition.

Der Absolvent erarbeitet einen Soll-Prozess. Alle Analysen führt er mit Daten und tatsächlichen Prozessen des Unternehmens durch. Die für eine eigene Beschaffungslogistik infrage kommenden Lieferanten unterzieht er einer Potenzialanalyse. Sie werden zunächst nach ihren monetären und betriebswirtschaftlichen, dann nach ihren ökologischen Potenzialen bewertet. Ergebnis: Durch Umstellung der geprüften Lieferanten auf eine eigene Beschaffungslogistik könnten nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch Treibhausgasemissionen gespart werden. Auch die kritischen Aspekte einer eigenen Beschaffungslogistik zeigt er auf. Die Arbeit empfiehlt, die Implementierung einer eigenen Beschaffungslogistik weiterzuverfolgen – für tegut… ein neuer Ansatz, den das Unternehmen bislang noch nicht in Betracht gezogen hatte.

Die Jury lobte, die gelungene Verknüpfung theoretischer und methodischer Grundlagen mit der praktischen Problemstellung.