Ziele und Aufgaben

Forschungsprofil FoSS

Anlässlich des sechzigjährigen Bestehens des Bundessozialgerichts ziehen namhafte Sozialwissenschaftler und Vertreter der Sozialgerichtsbarkeit in einer Denkschrift Bilanz über die Sozialrechts‑ und Sozialpolitikforschung in der Bundesrepublik. Sie machen deutlich, dass die Forschungskapazitäten und ‑möglichkeiten in diesem Feld zurückgehen und gar bedroht sind; und dies obwohl Sozialrecht und Sozialpolitik für die Sozialintegration in (post‑) modernen Gesellschaften eine besondere Bedeutung zukommt.

Ein erstes Indiz für den Rückgang ist der geringe Grad der Verankerung von Sozialrecht und Sozialpolitik in der hiesigen Forschungslandschaft, insbesondere an den Hochschulen. Nur wenige Ausnahmen widersprechen diesem Befund und tragen zur Sichtbarkeit der Sozialrechts- und Sozialpolitikforschung bei. Zu nennen sind unter anderem das Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München, die Forschungsstelle für Sozialrecht und Sozialpolitik an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg und das Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen. Sie widmen sich Sozialrecht und Sozialpolitik aus unterschiedlichen Blickwinkeln; sozialpolitische Fragestellungen werden aus rechtswissenschaftlicher und ökonomischer Perspektive betrachtet oder es wird aus der Perspektive des Sozialrechts heraus und mit Blick auf sozialrechtliche Fragestellungen die Öffnung zu anderen Disziplinen hin verfolgt.

Eingedenk des Wandels und der damit zugleich größer werdenden Herausforderungen des Sozialstaats, eingedenk auch der damit verbunden Herausforderungen für das Sozialrecht einerseits sowie die Sozialrechts‑ und Sozialpolitikforschung andererseits, spielt Interdisziplinarität somit, wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichem Fokus, eine wichtige Rolle.

Entstehungsgeschichte FoSS

An der Hochschule Fulda und der Universität Kassel lehren und forschen zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Bereichen Sozialrecht und Sozialpolitik. Daneben zeichnen sich die beiden Hochschulstandorte durch eine große Bandbreite und Dichte von in der Region ansässigen Diensten, Einrichtungen und Institutionen aus – vom Bundessozialgericht in Kassel über verschiedene Sozialversicherungsträger bis hin zu diversen Wohlfahrtsverbänden und Netzwerken im Bereich der Sozialen Arbeit. Ende der 2000er Jahre werden vor diesem Hintergrund erste intensive Diskussionen zwischen Wissenschaftlerinnen, Vertretern der sozialen Praxis und nicht zuletzt Akteuren des Bundessozialgerichts über die Etablierung eines Forschungsverbundes geführt.

Als Ergebnis dieser Diskussionen und unterstützt durch die Präsidien der beiden Hochschulen werden zunächst, angeleitet durch hochschulübergreifende Arbeitsgruppen, die kooperativen Masterstudiengänge „Sozialrecht und Sozialwirtschaft“ sowie „Pädagogik für Pflege‑ und Gesundheitsberufe“ entwickelt und im Jahr 2010 schließlich an beiden Hochschulen eingerichtet. Im Verlauf desselben Jahres werden die konzeptionellen und organisatorischen Aktivitäten im Diskussions- und Gründungsprozess vorangetrieben. Bis zum Sommer 2013 werden gemeinsame Forschungsinteressen in den beteiligten Fachbereichen beider Hochschulen identifiziert und die Aktivitäten der sich auf dieser Grundlage sukzessive konstituierenden, interdisziplinären Arbeitsgruppen unterstützt. Mehrere öffentliche Veranstaltungsreihen werden im Zuge dessen etabliert und der Diskurs über Sozialrecht und Sozialpolitik auch in diversen Workshops zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses verstetigt. Aufgrund des spürbar großen Interesses an der Weiterentwicklung des Forschungsverbundes und an der Vertiefung der hochschulübergreifenden Zusammenarbeit unterzeichnen sodann die Präsidien der beiden Hochschulen und die Dekanate der sechs beteiligten Fachbereiche – der Fachbereiche Pflege und Gesundheit (PG), Sozialwesen (SW) sowie Sozial‑ und Kulturwissenschaften (SK) an der Hochschule Fulda, der Fachbereiche 01 Humanwissenschaften, 05 Gesellschaftswissenschaften sowie 07 Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kassel  – am 26. Juni 2013 im Bundessozialgericht in Kassel einen Kooperationsvertrag, mit dem der Forschungsverbund für Sozialrecht und Sozialpolitik offiziell gegründet wird.

Zu den genuinen Aufgaben des Forschungsverbundes gehört es seither, in Forschung und Lehre sowie Nachwuchsförderung und Wissenstransfer die Kooperation der beiden Hochschulen im Bereich der Sozialrechts‑ und Sozialpolitikforschung zu fördern. Zwei Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an den Standorten Kassel und Fulda unterstützen nunmehr die Geschäftsführende Leitung bei dieser Aufgabe wie auch bei der Weiterentwicklung, Konsolidierung und Profilierung des Forschungsverbundes.

Unterstützt wird der Verbund daneben durch den Anfang 2013 mit dieser Zielstellung ins Leben gerufenen Verein zur Förderung von Forschung und Wissenstransfer in Sozialrecht und Sozialpolitik e.V. Ihm gehören Persönlichkeiten und Institutionen aus der Praxis des Sozialrechts und der Sozialpolitik in Nordhessen an, die maßgeblich zur Gründung des Verbundes mit beigetragen haben. Der Verein fördert die Intensivierung und Verstetigung des Austauschs zwischen Wissenschaft und sozialrechtlich-sozialpolitischer Praxis und fundiert auf diese Weise die grundlegende Forschungsausrichtung des Verbundes, die der Maxime folgt: Von den Grundlagen zur Anwendung – und zurück!

Der unter diesem Credo sich etablierende Forschungsverbund ist in seinen Grundzügen und der Grundidee folgend eine zwischen Hochschulen wie auch zwischen Forschung und Praxis vernetzende Institution, die sich auf Basis der Synergien von inter- und transdisziplinärer Forschung der Generierung profunden, anwendungsorientierten Wissens im Bereich Sozialrecht und Sozialpolitik widmet. Sowohl die besondere Verknüpfung rechts- und sozialwissenschaftlicher Perspektiven – ein Alleinstellungsmerkmal in der gegenwärtigen Sozialrechts- und Sozialpolitikforschung – wie auch die kooperative Natur des Verbundes widerspiegeln sich in seinem Forschungsprofil und den vielfältigen Aktivitäten seiner Arbeitsgruppen.