Prävention entlang des Lebenszyklus - Teilhabe und Seelische Gesundheit in Schulen und Arbeit

Das Umsetzungsprojekt V ist Teil des Innovationschwerpunktes B „Soziale Innovation als Voraussetzung für Lebensqualität und Gesundheit“ im Regionalen Innovationszentrum Gesundheit und Lebensqualität Fulda (RIGL-Fulda). Es ist in die Teilprojekte "Primärprävention an Schulen" und "Tertiäre Prävention" unterteilt.

Hintergrund

Teilprojekt 1: Primärprävention in Schulen

Eine nicht geringe Zahl von Kindern und Jugendlichen ist von psychischen Belastungen betroffen. Eine vom Robert-Koch-Institut durchgeführte repräsentative Studie ermittelte einen Anteil von 22% mit kurzfristigen und einen Anteil von 10-11% mit längerfristigen psychischen Auffälligkeiten. Nur ein Teil der betroffenen Kinder (ca. 20%) nimmt eine entsprechende professionelle Unterstützung bzw. Behandlung in Anspruch. Wissensdefizite, Angst vor Ausgrenzung und Vorbehalte gegenüber psychischen Erkrankungen erschweren den Zugang zu professioneller Hilfe. Dabei spielt auch das soziale Umfeld der Kinder (Eltern, Schule, Freunde) eine wichtige Rolle (vgl. Klasen et al. 2017).

Schwere psychiatrische Erkrankungen (z.B. Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis) brechen überwiegend im jungen Erwachsenenalter aus. Eine mehrjährige Prodromalphase mit Beginn im Jugendalter (Häfner 2010) ist feststellbar.

Die Altersphase 12.-15. Lj. gilt als wichtigster Zeitraum für die Etablierung von Konsummustern hinsichtlich Nikotin, Alkohol- und Drogenkonsum: (HBSC-Studie, Richter u.a. 2012)
Zudem behindern Wissensdefizite, negative Einstellungen und Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen die Inanspruchnahme von Hilfe und Behandlung (Finzen 2014).

Demzufolge sind frühzeitige Maßnahmen der Primärprävention sinnvoll und sollten in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen ansetzen. Dies soll im Rahmen des „TeSeGe- Teilprojektes 1“ für die Schülerschaft und mit Akteuren der Region Fulda erforscht und umgesetzt werden.

Quellen:
Klasen, F., Meyrose, A., Otto, C., Reiß, F. & Ravens- Sieberer, U. (2017): Psychische Auffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse der BELLA-Studie. Kinderheilkunde. DOI: 10.1007/s00112-017-0270-8
Finzen, A. (2014): Stigma psychische Krankheit: zum Umgang mit Vorurteilen, Schuldzuweisungen und Diskriminierungen. Psychiatrie Verlag.
Häfner, H. (2010): Schizophrenie: erkennen, verstehen, behandeln (Vol. 2497). CH Beck.
Ravens-Sieberer, U., Wille, N., Bettge, S., & Erhart, M. (2007). Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 50(5-6), 871-878.
Richter, M., Pförtner, T. K., & Lampert, T. und das HBSC-Team Deutschland (2012): Veränderungen im Tabak-, Alkohol-und Cannabiskonsum von Jugendlichen im Zeitraum von 2002 bis 2010 in Deutschland. Das Gesundheitswesen, 74, S42-S48. DOI: 10.1055/s-0032-1314812.

 

Teilprojekt 2: Tertiäre Prävention im Bereich Arbeit

Das „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG), ist ein Änderungsgesetz, durch welches das neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) „Rehabilitation und Teilhabe“ in verschiedenen Schritten gänzlich neu gefasst wird, wodurch im zweiten Schritt umfassende Änderungen in den anderen Gesetzbüchern notwendig werden (vgl. Konrad 2017, S. 28).

Grundlage für die Einführung des BTHG ist die Umsetzung der 2009 von Deutschland ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Mit der UN-BRK geht in Deutschland der Paradigmenwechsel vom Fürsorgeanspruch auf Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen hin zu einem Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – somit auch an Arbeit -  einher.
Die Zunahme von psychischen und Abhängigkeitserkrankungen (vgl. www.psyga.info) erfordert gleichzeitig, dass wissenschaftliche Einrichtungen ihr Wissen und Handlungskonzepte – hier im Kontext der Gemeindepsychiatrie – vermitteln und evaluieren, um herauszufinden welche Barrieren und Förderfaktoren für die Wirkung von differenten Präventionskonzepten bestehen. Im Rahmen des Teilprojektes 2 geht es dabei um die tertiäre Prävention, also die Stärkung der Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Um die Teilhabe stärken zu können, müssen die individuellen Ziele und Wünsche der Menschen erarbeitet werden, um so die Zielwirksamkeit der Hilfsangebote anpassen zu können. Diese Arbeit nach dem personen- und nicht institutionszentrierten Ansatz wird im Rahmen des BTHG konkret gefordert.
Als Instrument zur Etablierung eines personenzentrierten Wirkungsverständnisses sowie partizipatives Mittel zur Zielfindung kann dabei die vom IPH entwickelte Teilhabekiste verstanden werden.


Quellen:
Konrad, Michael: Jetzt geht es an die Umsetzung. In: Psychosoziale Umschau 2017: 31 (02): S. 28-30
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt, www.psyga.info

Ziel

Forschung zu Barrieren und Förderfaktoren für die Wirkung von primären Präventionskonzepten in Schule und tertiären Präventionskonzepten in Arbeitswelt

Ziel des für den Zeitraum 2018 bis 2021 angesetzten Teilprojektes 1 ist es, den Wissensstand über psychische Störungen von Schülerinnen und Schülern zu verbessern, Ängste abzubauen und ihnen den Zugang zu Hilfen zu erleichtern. Auf Grundlage eines bewährten Präventionskonzepts sollen Schülerinnen und Schüler an einem Projekttag im Klassenverbund im Umfang von 5-6 Schulstunden in altersgemäßer Weise Kompetenzen für den Umgang mit psychischen Belastungen vermittelt bekommen.

Im Rahmen des Teilprojektes 2 sollen sozialpsychiatrische Einrichtungen zur Teilhabe an Arbeit, also auch Institutionen, in den Menschen begleitet werden, die nicht oder nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen können, als Projektpartner fungieren. Das Projekt will mit Hilfe der Praxispartner die Zielorientierung der Maßnahmen zur Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung als Qualitätsverbesserung und somit als Teil der tertiären Prävention implementieren. Als Instrument soll das Konzept „Teilhabeziele finden und bewerten“ der BAG Wohlfahrt (vgl. www.bag-wohlfahrt.de) eingesetzt und für den Bereich der Teilhabezielfindung im Arbeits- und Beschäftigungsbereich erweitert und evaluiert werden.

Daneben hat das Projekt auch zum Ziel den Fachkräften Unterstützung zur Erarbeitung von personenzentrierten Zielen zu geben und soll eine wissenschaftliche Evaluation von Teilhabequalität - als Spezifizierung der universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Beeinträchtigung und ihren Lebenslagen- ermöglichen.

Zugleich soll das Projekt mittels Organisationsentwicklung und Expertenbefragung bei den Kooperationspartnern die Implementation der Qualitätsanforderungen des BTHG in der Region und Fulda stärken.


Quellen:
BAG Wohlfahrt, www.bag-wohlfahrt.de

Umsetzung

Die Umsetzung erfolgt in zwei Teilprojekten:

Teilprojekt 1: Primärprävention in Schulen

Es ist geplant, im Landkreis Fulda Schulprojekttage zu organisieren, die Schülerinnen und Schülern der 8. bzw. 9. Jahrgangsstufe Wissen über psychische Erkrankungen und seelische Krisen vermitteln. Besonderes Merkmal des Programms ist die gemeinsame Durchführung der Projekttage durch sozialpädagogische Fachkräfte und Menschen mit Psychiatrieerfahrung.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Evaluation sind schriftliche Befragungen der Schülerinnen und Schüler, der Eltern sowie Interviews mit Lehrkräften und Fachkräften der Präventionsarbeit vorgesehen. Nach der Durchführung und wissenschaftlichen Auswertung der Schulprojekttage soll in Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda und Fachleuten im Landkreis Fulda ein langfristiges Konzept für die Präventionsarbeit an Schulen entwickelt werden. Dieses Konzept soll zudem Aspekte zur Suchtmittelprävention abbilden, welche neben dem Schwerpunkt „psychische Krisen“ einen weiteren Schwerpunkt der Schulpräventionsarbeit in der Region Fulda umfassen wird.

Teilprojekt 2: Tertiäre Prävention im Bereich Arbeit

Die Umsetzung des Projektes erfolgt bis 2021 in drei Wellen. Dafür sollen ca. 45-50 Menschen mit Beeinträchtigung in ihrer Zielfindung zur Teilhabe an Arbeit durch das Projekt mittels Anwendung der Teilhabekiste unterstützt und begleitet werden. Der Prozess der Zielfindung wird dabei ausgewertet und die Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung des Instruments ein.
Zugleich werden die Praxispartner bezüglich ihrer Erfahrungen befragt und Workshops zu Fragen der Organisationsentwicklung individualisierter beruflicher Teilhabeziele durchgeführt.

Quellen:
BAG Wohlfahrt, www.bag-wohlfahrt.de
Konrad, Michael: Jetzt geht es an die Umsetzung. In: Psychosoziale Umschau 2017: 31 (02): S. 28-30
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt, www.psyga.info

Aktivitäten und Berichte

Unsere Praxispartner*innen

Caritasverband für die Diözese Fulda e.V.
Caritasverband für die Region Fulda und Geisa e.V.
Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Landesverband Hessen e.V.
Diakonisches Werk Fulda
Hephata Hessisches Diakoniezentrum e.V.
Klinikum Fulda gAG
Staatliches Schulamt für den Landkreis Fulda

Unser Team

Wissenschaftliche Leitungen:
Prof. Dr. Henning Daßler, Fachbereich Sozialwesen (Teilprojekt 1)
Prof. Dr. Petra Gromann, Fachbereich Sozialwesen (Teilprojekt 2)

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen:
Tanja Freifrau Schenck zu Schweinsberg (Teilprojekt 1)
Momo Sabel (Teilprojekt 2)

Institut Personenzentrierte Hilfen gGmbH:
Andrea Deuschle (Teilprojekt 2)

Ihre Ansprechpartnerin

Tanja Freifrau Schenck zu Schweinsberg

Wissenschaftliche Mitarbeiterin / M. A. Soziale Arbeit

Kontakt

Tanja Freifrau Schenck zu Schweinsberg

Wissenschaftliche Mitarbeiterin / M. A. Soziale Arbeit

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