Zahnärztliche Versorgung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt gegen Frauen – Entwicklung, Erprobung und Implementierung von Dokumentationsmaterial und Handlungsempfehlungen
Projektleitung: Prof. Dr. Daphne Hahn, Prof. Dr. Beate Blättner
Mitarbeiterinnen und Hilfskräfte:
Ulrike Fuchs, B.Sc.; Lolita Herzig, B.Sc.; Yvonne Bernschneider, B.Sc.; Bernhard Kling
Gefördert vom Land Hessen (Hessisches Minsterium für Wissenschaft und Kunst, Hessisches Sozialministerium)
Projektbeirat:
- Dr. med. Sven Anders, Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
- Nancy Gage-Lindner, Ass. jur. Referat Prävention und Schutz vor Gewalt sowie Jugendhilfe Hessisches Sozialministerium
- Curtis Goho, DDS Diplomat des American Board of Pediatric, Dentistry
- Dipl. Päd. Hildegard Hellbernd, MPH, Modelprojekt M.I.G.G. – Medizinische Intervention gegen Gewalt; S.I.G.N.A.L. e.V.
- Prof. Dr. med. dent. Stefan Kopp, Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie Universitätsklinikum Frankfurt am Main
- Dr. med. dent. Antje Köster-Schmidt, Landeszahnärztekammer Hessen
- Katrin Rinke 1. Vorsitzende des Vereins Wieder Lachen e.V.
- Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. med. habil. Robert Sader, Direktor der Fachklinik für Mund-, Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Frankfurt am Main
- Dipl. Sozialarbeiterin Gudrun Wörsdorfer, Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt am Main & Koordinierungsstelle der Hessischen Frauennotruf
- Dr. med. dent. Sebastian Ziller, MPH, Bundeszahnärztekammer Berlin, Abteilung für Prävention und Gesundheitsförderung
Laufzeit: 01.06.2008 – 30.11.2009 und
01.02.2010 – 30.09.2010
Hintergrund und Zielsetzung
Frauen, denen Partnergewalt widerfährt, tragen häufig Verletzungen im Gesicht davon. Nicht selten sind auch Zahnverletzungen die Folge. Bisher haben sich aber weder die Zahnmedizin noch die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie dafür zuständig gefühlt, bei derartigen Verletzungen ihre Patientinnen auf häusliche Gewalt anzusprechen und diese Verletzungen so zu dokumentieren, dass sie im Falle einer späteren polizeilichen Anzeige nachgewiesen werden können.
Da keine deutschsprachige Dokumentationsanleitung für diesen medizinischen Bereich existierte, wurden ein zweiseitiger Dokumentationsbogen und eine Kurzanleitung entwickelt. An den Unterlagen haben u.a. Vertreter der Zahnmedizin, der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und der Gerichtsmedizin mitgearbeitet. Dieser Dokumentationsbogen wurde praktisch erprobt, überarbeitet und in vier hessischen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie-Kliniken eingeführt.
Zentrale Ergebnisse
- Eine kleine Prävalenzerhebung zeigte, dass 20 % der Gewaltopfer, die die Notaufnahme einer mund-kiefer-gesichtschirurgischen Notfallaufnahme aufsuchten, Frauen waren. Diese Frauen waren nahezu alle von häuslicher Gewalt betroffen.
- Für den deutschsprachigen Raum existierten 2010 weder Leitlinien noch Handlungsempfehlungen für Zahnmedizin und Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie zum Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt.
- Deswegen wurde ein evaluiertes, überarbeitetes und gut anwendbares Materialpaket erstellt: zahnmedizinischer Dokumentationsbogen, Dent-Doc-Card, Ablaufschema.
- Trotz durchgeführter Einführungsveranstaltungen zur Anwendung des Dokumentationsbogens bleiben große Unsicherheiten im Erkennen und Ansprechen von Gewaltbetroffenheit bei zahnmedizinischem Personal bestehen. an entsprechenden Weiterbildungen wird großes Interesse geäußert.
- Bei der Behandlung gewaltverletzter Frauen sollte grundsätzlich der Dokumentationsbogen verwendet werden, da eine hohe Wahrscheinlichkeit des Vorliegens häuslicher Gewalt besteht.