Intime Partnergewalt gegen Frauen und Gesundheit: Hilfesuchverhalten der Betroffenen (HisuV)

Gefördert als gleichstellungspolitische Äquivalenzmaßnahme im Rahmen des von Bund und HMWK finanzierten Professorinnenprogramms zum Abschluss der Promotion

Forschende: Dipl.-Soz. Petra Brzank, MPH, Cand. Ph.D.

Gutachterinnen: Prof. Dr. Machewsky-Schneider, TU Berlin (Erstgutachterin), Prof. Dr. Beate Blättner, HS Fulda (Zweitgutachterin)

Laufzeit: 3/2009 bis 3/2012

Publikationen

Brzank P (2012): Wege aus der Partnergewalt – Frauen auf der Suche nach Hilfe. Sekundärdatenanalyse der Repräsentativbefragung „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“. Wiesbaden: VS-Verlag (303 Seiten).

Brzank P (2012): Hilfesuchverhalten im Kontext von Partnergewalt gegen Frauen. Dissertation zur Erlangung des Grades des Dr. P.H. an der Technischen Universität Berlin. Online-Publikation (295 Seiten). 

Hintergrund

Partnergewalt gegen Frauen ist wegen seines Ausmaßes und seiner Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen ein gravierendes Public Health-Problem. Die sozioökonomischen Folgen für die Einzelnen als auch für die Gesamtgesellschaft sind beträchtlich.

Zur Unterstützung von Frauen, die Partnergewalt erlitten haben, wurde in Deutschland ein Beratungs- und Zufluchtsnetz etabliert. Empirisch evident trägt psychosoziale Unterstützung zur Minderung der negativen Folgen von Partnergewalt auf die mentale Gesundheit der Opfer bei. Obwohl die Unterstützungsangebote bekannt sind, sucht nur ein im Vergleich zum Ausmaß geringer Teil der Betroffenen Hilfe. Internationale Studien haben die Komplexität der Einflussfaktoren auf das Hilfesuchverhalten der Frauen aufgezeigt. Ein besseres Verstehen des Hilfesuchens und seiner Umstände kann die Anpassung des bestehenden Unterstützungsangebotes an die Bedürfnisse der Frauen fördern.

Vorgehen

In 2004 wurde die Repräsentativbefragung “Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland” vom Bundesministerium Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht. Mehr als 10.000 zufällig ausgewählte Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren wurden anonym mit einem detaillierten Fragebogen zu ihren Gewalterfahrungen interviewt. 

Die Sekundärdatenanalyse dieser Daten fokussiert auf die Einflussfaktoren, die die Opfer von Partnergewalt (n=1.730) dazu motivieren, Hilfe zu suchen. In einem komplexen Modell wurden die potentiell beeinflussenden Faktoren wie Soziodemografie, Gesundheitsstatus, personale und soziale Ressourcen, multiple Gewalterfahrung und Partnergewaltschwere, Mitbetroffenheit von Kindern, Substanzmittelkonsum und Kenntnis des Unterstützungsangebotes untersucht. Die univariate Deskription beschreibt die Studienpopulation im Vergleich zur Gesamtpopulation der Primärstudie (N=10.118), bivariate Korrelationen und multivariate Regressionen dienen der Konstruktanalyse. Ein Strukturgleichungsmodell beschreibt die möglichen Kausalpfade zwischen Variablen und Konstrukten im Hinblick auf das Hilfesuchverhalten der betroffenen Frauen.

Ergebnisse

Die multivariaten Regressionsanalysen zeigen etliche Einflussfaktoren auf das Hilfesuchverhalten: Das Mitverantwortlichkeitsgefühl für die Gewalthandlungen hindert Frauen an einer Hilfesuche, während der Konsum von Psychopharmaka und die Partnergewaltschere, Kindesmisshandlung und eine höhere Verletzungszahl eher zu einer Inanspruchnahme von Hilfe und Unterstützung führt. In der Kausalpfadanalyse wird die Hilfesuche vornehmlich primär positiv von der Schwere der Gewalt und von multiplen Gewalterfahrungen in Kindheit und Erwachsenenalter bestimmt. Aus diesen Ergebnissen werden Verbesserungsvorschläge und Ansätze für Sekundär- und Primärprävention in der Gesundheitsversorgung abgeleitet.