Verfahrensweise bei der ärztlichen Versorgung von Minderjährigen und Menschen mit kognitiver Behinderung nach sexueller Gewalt

 
 

Projektleitung: Prof. Dr. Beate BlättnerProf. Dr. Henny Annette Grewe

Mitwirkende: Elisa Gärtner, Bernd Gfaller, Anja Kuhberger, Anna Kristin Bludau, Kim Dedner, Allaa Ali Mostafa

Im Auftrag von: Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung (UBSKM)

Laufzeit: Oktober 2018 bis März 2019

Den Ergebnisbericht finden Sie auf der Seite des UBSKM.

Hintergrund

Im Mai 2018 wurde die Expertise „Ärztliche Versorgung Minderjähriger nach sexueller Gewalt ohne Einbezug der Eltern“  des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) veröffentlicht. Die Expertise beschäftigt sich mit dem rechtlichen Konflikt zwischen der Selbstbestimmungsfähigkeit der Jugendlichen und dem Sorgerecht der Eltern. Bei einwilligungsfähigen Personen ist eine Einwilligung der Sorgeberechtigten oder gesetzlichen Betreuer*innen in die ärztliche Versorgung und Dokumentation danach nicht nötig. Die Expertise empfiehlt in einigen Punkten allerdings eine deutlichere rechtliche Klärung. Bekannt ist, dass in der Praxis die Versorgung von Jugendlichen und Menschen mit kognitiver Behinderung unterschiedlich gehandhabt wird. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung (UBSKM) hat deshalb den Auftrag erteilt, eine Befragung von allen Einrichtungen durchzuführen, die die medizinische Erstversorgung, Dokumentation und Spurensicherung nach sexueller Gewalt durchführen.

Ziel

Ziel ist zu wissen, wie die Praxis der medizinische Erstversorgung, Dokumentation und Spurensicherung nach sexueller Gewalt bei Minderjährigen und bei Menschen mit kognitiver Behinderung bzw. Lernschwierigkeiten aussieht, wenn diese nicht von Sorgeberechtigten bzw. gesetzlichen Betreuer*innen begleitet werden. Wo weicht die Versorgung von den rechtlichen Möglichkeiten einer optimalen Versorgung ab? Wo sehen die Einrichtungen Regelungs- und Unterstützungsbedarf? Es sollen strukturelle und rechtliche Schwierigkeiten identifiziert werden, um die Versorgungssituation für Minderjährige und Menschen mit kognitiver Behinderung nachhaltig verbessern zu können. 

Vorgehen

Es soll eine Vollerhebung aller recherchierten Versorgungseinrichtungen durchgeführt werden von denen bekannt ist, dass sie die medizinische Erstversorgung, Dokumentation und Spurensicherung nach sexueller Gewalt durchführen. Es handelt sich um etwa 180 Einrichtungen. Die Datenerhebung soll über vorab terminierte Telefoninterviews mit (leitenden) Ärzt*innen der jeweiligen Versorgungseinrichtung erfolgen. Die Interviews erfolgen nach einem teilstandardisierten Leitfaden. Dazu wurden ausgehend von der vorliegenden Expertise des DIJuF, aus den Fragestellungen und eigener Expertise konkrete Fragen abgeleitet. Das entwickelte Instrument wurde in einem ersten Abstimmungsgespräch mit dem UBSKM, S.I.G.N.A.L. e. V. und der Mutstelle Berlin, Ombudsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Menschen mit Behinderungen besprochen und anschließend überarbeitet.
In der Durchführung und Auswertung der Gespräche gelten strenge Datenschutzregeln. Veröffentlicht werden nur Ergebnisse, aus denen kein Rückschluss auf die Institution möglich ist.
Während der Telefoninterviews werden checklistenartige Items direkt angekreuzt bzw. aus-efüllt, zu längeren Ausführungen werden Stichpunkte mitnotiert und ein Erinnerungsprotokoll verfasst. Eine elektronische Aufzeichnung soll nicht erfolgen. Die Aussagen werden institutionsbezogen, nicht personenbezogen dokumentiert. Die Ergebnisse der Befragung werden zunächst quantitativ in Form von einfachen Häufigkeitszählungen zusammengefasst. Qualitative Beschreibungen werden kontrastierend und typenbildend eng an den direkten Aussagen zusammengefasst. Ziel ist herauszuarbeiten, wo allgemeine Unsicherheiten be-stehen und wo sich Einrichtungen auf eine bestimmte Vorgehensweise festgelegt haben, ggf. auch von welchen Kriterien dies abhängig ist (z.B. Größe oder institutionelle Anbindung).
Vorgehen und Ergebnisse werden in einem Bericht zusammengefasst, der in einem zweiten Abstimmungsgespräch diskutiert wird. Gegenstand des Abstimmungsgespräches ist insbesondere auch die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Der Katalog von Empfehlungen wird zudem mit den Verfasser*innen der Expertise des DIJuF persönlich oder telefonisch diskutiert. Die Empfehlungen schließen Aspekte ein, denen in weiteren Untersuchungen nachgegangen werden sollte.