Der Fachbereich Pflege und Gesundheit an der Hochschule Fulda feierte 25-jähriges Jubiläum

28.06.2019

Festredner Dr. Rüdiger Krech von der Weltgesundheitsorganisation

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

Staatssekretärin Anne Janz vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

Ministerialrat Reinhard Schinke (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst)

Hochschule Fulda/PhotoLABFuld.

Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein (Hochschule Osnabrück, Mitglied im Wissenschaftsrat)

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel. 

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

von links: Prof. Dr. Karim Khakzar (Präsident Hochschule Fulda), Prof. Dr. Dea Niebuhr (Dekanin FB Pflege und Gesundheit HS Fulda) und Dr. Rüdiger Krech (WHO)

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel. 

Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein (Hochschule Osnabrück) (von links), Prof. Dr. Beate Blättner (Hochschule Fulda), Herr Michael Draheim (Alumnus und Referent u.a. Vergütung stationärer Krankenhausleistungen bei DKG e.V.), Prof. Dr. Johann Behrens (i. R. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), Prof. Dr. Christa Winter-von Lersner (i. R. Hochschule Fulda) und Moderator Hermann Diel (Hessischer Rundfunk)

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel.

Prof. Dr. Henny Annette Grewe (Hochschule Fulda) mit Gründungsdekan Prof. i.R. Dr. Heinrich Bollinger

Quelle: Hochschule Fulda/Nicole Dietzel. 

Quelle: Hochschule Fulda/PhotoLABFuld.

Mehr als 200 Gäste kamen zur Festveranstaltung auf den Campus.

Mit einem feierlichen Festakt hat der Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda sein 25-jähriges Jubiläum begangen. Mehr als 200 Gäste aus Politik und Gesundheitswesen, darunter zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von kooperierenden regionalen Praxiseinrichtungen, und viele Ehemalige waren am Dienstag dieser Woche (25. Juni) der Einladung auf den Fuldaer Hochschulcampus gefolgt. Auch Gründungsdekan Prof. Dr. Heinrich Bollinger war unter den Gästen. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt von dem Velita Acoustic Trio.

Thematisch ging es keineswegs nur um einen Blick in die Historie. Vielmehr standen die gegenwärtigen Entwicklungen und Diskussionen rund um die Akademisierung der Gesundheitsberufe im Fokus. Ein Thema, das – so zeigte sich – auch schon vor einem Vierteljahrhundert aktuell war. Denn die Gründung des Fachbereichs erfolgt 1994 mit dem Ziel der Akademisierung der Gesundheitsberufe. 37 Studierende zählte der damals einzige Studiengang Pflege, der mit dem Diplom abschloss. Nach der Bologna-Reform startete 2004 der Masterstudiengang Public Health. Bis heute hat der Fachbereich Pflege und Gesundheit ein umfassendes Studien- und Forschungsprofil entlang aller Säulen und Handlungsfelder des Gesundheitswesens aufgebaut mit derzeit 14 laufenden Studiengängen. 2012 richtete er den dualen Bachelorstudiengang Hebammenkunde ein. Als erster Gesundheitsberuf wird die Hebammenkunde im kommenden Jahr vollständig akademisiert werden. 2016 erhielt die forschungsstarke Fachrichtung Public Health dann das eigenständige Promotionsrecht. Mit mehr als 90 Mitarbeitenden und zahlreichen Forschungsprojekten ist der Fachbereich Pflege und Gesundheit heute eine tragende Säule der Hochschule.

Lob für hohe Innovationskraft des Fachbereichs

Hochschulpräsident Prof. Dr. Karim Khakzar betonte in seinem Grußwort, der Fachbereich habe sich hervorragend entwickelt und sei heute der drittgrößte Fachbereich an der Hochschule Fulda. Er zeichne sich durch einen großen Pioniergeist aus: sowohl mit Blick auf die Einrichtung von innovativen Studiengängen, die es so an keiner anderen Hochschule gebe, als auch in der Forschung, wo er eine Vorreiterrolle einnehme. „Ich wünsche mir, dass Sie auch weiterhin so mutig nach vorne schreiten“, sagte er, nicht zuletzt die Kooperation mit der Universität Marburg im Blick.

Auch Staatssekretärin Anne Janz aus dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration würdigte die Innovationskraft des Fachbereichs. So habe er im Modellstudiengang Hebammenkunde in den vergangenen Jahren bereits erprobt, wie die Akademisierung dieses Fachs aussehen könne. „Wir profitieren ganz sicher von ihren Erfahrungen, um dieses Studienfach nun im Rahmen der Vollakademisierung auf eine sichere Basis zu stellen“. Auch die Leistungen zur Gewaltprävention würdigte sie. „Die Hochschule Fulda ist hier ein wichtiger Partner“, sagte sie. „Sie haben die Wichtigkeit des Themas frühzeitig erkannt und bereiten ihre Studierenden darauf vor.“ Mit dem Konzept der Schutzambulanz habe der Fachbereich zudem ein Modell vorgelegt, das das Ministerium weiter unterstützen und verbreiten wolle.

Für das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) begrüßte Ministerialrat Reinhard Schinke die Gäste. Er konnte die Entwicklung des Fachbereichs aus nächster Nähe verfolgen, da er die Einrichtung der Studiengänge begleitete. Auch er attestierte dem Fachbereich eine rasante Entwicklung. Die Bologna-Reform habe einen „ungeheuren Entwicklungsschub“ gebracht. Der Fachbereich stehe heute „wunderbar“ dar „mit einem sehr schönen Portfolio an Studiengängen“.

Die Dekanin des Fachbereichs Pflege und Gesundheit, Prof. Dr. Dea Niebuhr, richtete den Blick dann auf die Anfänge des Fachbereichs in 1994 und ließ die 14 Studiengänge Revue passieren. „Mit dem Promotionsrecht haben wir eine Sonderstellung in der hessischen Hochschullandschaft inne. Es geht nun um die wissenschaftliche Anerkennung und die weitere Akademisierung der Gesundheitsberufe. Sie führt aus: „Bislang gäbe es kaum mehr als 10.000 Absolvierende von Pflegestudiengängen in Pflegemanagement und -praxis. Mit den aktuellen Gesetzgebungen Pflegeberufegesetz, Gesetzesentwurf für die Hebammenausbildung, der in Kürze startenden Reform der Berufsgesetze in den Therapiewissenschaften haben wir nun wieder eine historische Chance, wobei auch hier die klare Forderung der Therapieberufe durch ihre verbandlichen Vertretungen nach einer Vollakademisierung laut wird. Es werde dringend mehr interprofessionelle Zusammenarbeit benötigt und die Fähigkeit, auf Grundlagen wissenschaftlicher Erkenntnisse das professionelle Handeln zu reflektieren.“

Gesundheit ist eine politische Entscheidung

Höhepunkt der Veranstaltung war der Festvortrag von Dr. Rüdiger Krech von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Gesundheit ist global, und sie ist eine politische Entscheidung“, lautete seine Kernbotschaft. Da wir immer schneller von einem Ort zum anderen reisten, könnten sich auch Krankheiten immer rascher ausbreiten. Die Qualität des Gesundheitssystems eines Landes sei damit weit über die Landesgrenzen hinaus von Bedeutung. Aber auch die chronischen Erkrankungen würden in den kommenden Jahren zu einem großen Problem werden. Noch gingen viele davon aus, dass sie ein rein gesundheitliches Problem seien. Doch ohne Entscheidungen auf höchster politischer Ebene sei keine Lösung möglich. Das Recht sei ein vernachlässigtes, aber wirkungsvolles Instrument.

Aus politischer Perspektive warf Krech auch einen Blick auf die technologischen Innovationen. „Einige haben großes Potenzial, andere können tatsächlich Schaden anrichten“, führte er aus und befand: „Der Welt fehlt ein Kompass, welche Innovationen gut für sie sind und welche nicht.“ Daher schlug er Leitlinien vor, die etwa berücksichtigen könnten, ob eine Innovation gesellschaftlich überhaupt gewollt sei, die deren Auswirkungen auf die soziale Gesundheit betrachteten, vielleicht auch den Grad der öffentlichen Besorgnis oder den Aspekt der Unumkehrbarkeit prüften. „Wir dürfen es nicht den Unternehmen überlassen, darüber zu entscheiden, wie unsere Gesellschaft künftig aussehen wird“, zeigte er sich überzeugt.

Mit Blick auf die künftige Entwicklung der Gesundheitsberufe forderte er: „Wir brauchen erheblich mehr Gesundheitspersonal, das auf lokaler Ebene in der Lage ist, Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Wenn wir dieses Niveau nicht erreichen, riskieren wir die Sicherheit unserer Welt.“ Gefragt seien daher Gesundheitswissenschaftler, die den immensen gesellschaftlichen Wandel begleiten, die Regierungen beraten und die Juristen verstehen.

Forschungsrelevante Weiterentwicklung der Geburtshilfe und Pflege

Dass die Politik mit ins Boot müsse, forderte auch Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein, Professorin für Pflege- und Hebammenwissenschaft an der Hochschule Osnabrück und Mitglied im Wissenschaftsrat, dem wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremium in Deutschland, im Rahmen ihrer Keynote zur Akademisierung der Hebammen. „Mit der Verlegung der Ausbildung an die Hochschulen müssen Bereiche miteinander arbeiten, die dies bislang nicht getan hätten“, begründete sie ihre Position.

Eine stärkere Verknüpfung hält sie auch in Richtung Praxis für dringend erforderlich. In der Hebammenausbildung bestünde für die Professuren derzeit keine Verbindung zwischen Hochschulen und Praxis, denn die Lehrenden seien nicht in der Praxis tätig. „Wir brauchen Forschungsambulanzen“, forderte sie daher, „damit wir eine eigenständige wissenschaftliche Praxisentwicklung befördern können.“ Die forschungsrelevante Weiterentwicklung der Disziplinen Geburtshilfe, aber auch der Pflege, mit eigenständigen Kompetenzbereichen, die auch Diagnostik und Verordnung von Medikamenten umfassen könnten, müsse die Zukunft sein, erläuterte sie entlang der im Ausland etablierten spezialisierten Berufsgruppen der klinischen Pflegeexpertinnen.

In der von dem hessischen Rundfunkredakteur Hermann Diel moderierten Talkrunde zur Zukunft der Gesundheitsberufe wurden die zuvor entwickelten Positionen bekräftigt: Prof. Dr. Johann Behrens, der kurz nach Gründung des Fachbereichs Pflege und Gesundheit Prodekan war und später an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wechselte, wo er bis zu seiner Emeritierung lehrte und forschte, erläuterte mit Blick auf die auszubauende interprofessionelle Zusammenarbeit, dass das gemeinsame Studieren in einer lokalen Versorgungseinrichtung wichtig sei. Alle Professionen, die mit den Patientinnen zu tun hätten, lernten sich so kennen. Das sei insbesondere auch deshalb wichtig, da Gesundheitsberufe wie Hebamme und Pflegekraft ein von der Medizin sich deutlich unterscheidendes Profil hätten.

Prof. Dr. Christa Winter-von Lersner, die als Professorin der ersten Stunde den Studiengang Pflege an der Hochschule Fulda mit aufgebaut hat, ordnete die Akademisierung in den europäischen Kontext ein. Sie berichtete von ihren Erfahrungen bei dem Versuch, Kooperationen mit europäischen Partnerhochschulen aufzubauen. „Unsere Kooperationspartner haben sehr lange beratschlagt und das so begründet: Deutschland sei in Sachen Pflege aus ihrer Perspektive ein Entwicklungsland. Denn in den meisten Ländern weltweit gibt es keine der deutschen Altenpflegeausbildung und der Gesundheits-und Krankenpflegeberufe vergleichbare fachliche Bildung; die akademische Ausbildung ist die Regel.“

Auf die Bereiche Gesundheitsförderung und Public Health ging Prof. Dr. Beate Blättner, Studiendekanin am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda, ein. Das Inkrafttreten des Präventionsgesetzes 2015, das Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe in den verschiedenen Lebenswelten begreife, sei voraussehbar gewesen, auch, dass daraufhin weit mehr Stellen in der Gesundheitsförderung geschaffen werden müssen. Deswegen habe der Fachbereich schon 2008 den Mut gehabt, mit der Ausbildung dafür zu beginnen. Die Entwicklung habe ihm recht gegeben. Eine Weiterentwicklung der Studiengänge durch stärkere Verzahnung mit der Praxis erfordere allerdings landesweite, nationale und internationale Perspektiven.

Stellvertretend für alle Alumni kam Michael Draheim, Referent u.a. für die Vergütung stationärer Krankenhausleistungen bei DKG e.V. zu Wort: Er betonte die gute methodische und wissenschaftliche Ausbildung am Fachbereich, deren Bedeutung oft erst später im Beruf klar wird und wünscht vor allem in Studium und Praxis mehr sektorenübergreifende versorgungsrelevante Strukturen, die auch neue Berufe bzw. Veränderungen der Ausbildungsinhalte mit sich brächten.

zurück