Angelika Roschka

Interkulturalität

Titel des Promotionsprojektes:  Betätigung verstehen - der Alltag Geflüchteter in einer Sammelunterkunft

Eine Mindestwohnfläche von sechs Quadratmetern pro Person, unabhängig vom Herkunftsland bis zu vier Personen in einem Zimmer, gemeinsame Nutzung von Toiletten, Duschen und Küchen, kaum Rückzugsmöglichkeiten - das ist der Alltag vieler Geflüchteter in Thüringer Gemeinschaftsunterkünften. Ein flächendeckender Zugang zu berufsbezogenen Sprachkursen und Arbeitsmöglichkeiten ist nicht gewährleistet. Die beengten Wohnverhältnisse führen zu Konflikten und einer hohen Gewaltprävalenz. Flüchtlingsorganisationen fordern seit langem menschenwürdige Mindeststandards für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.

Wie sieht der Alltag in einer Gemeinschaftsunterkunft aus? Wie wird er erlebt? Die aus der Ergotherapie (Occupational Therapy) hervorgegangene Occupational Science (OS), die das „wer“, „was“, „wann“, „wo“, „wie“ und „warum“ von Betätigungen und deren Wechselwirkungen erforscht, stellt die Frage in den Mittelpunkt, ob der jeweilige Lebenskontext es Menschen ermöglicht, für sie wichtige und sinnvolle Betätigungen auszuführen. Betätigung, verstanden als „eine Aktivität oder eine Reihe von Aktivitäten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Rolle und in einem bestimmten Kontext stattfinden“, ist komplex. Ob Menschen die Freiheit haben, ihre Betätigungen, d.h. das, was sie tun, in ihrem Kontext selbst zu wählen, hängt von sozialen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren ab, die miteinander verknüpft sind.

Das Leben im Zwangskontext einer Sammelunterkunft aus einer kritischen Perspektive betrachtet, fokussiert die gegebenen Einschränkungen in den Betätigung(smöglichkeiten) der Bewohner*innen und deren Konsequenzen. Dennoch ist eine mögliche Veränderungsdynamik im Zeitverlauf mit Verwirklichungschancen und Handlungsressourcen nicht auszuschließen.

Durch einen ethnographischen Zugang zum Feld und die Anwendung vielfältiger qualitativer Methoden der Datenerhebung soll Betätigung und jedes kleinste damit zusammenhängende Detail fokussiert werden. Durch einen intersektionalen Ansatz werden die Studienteilnehmenden selbst zu Mitforschenden. Auf Basis der Grounded Theory Methodologie soll eine in den Daten verankerte und aus den Daten generierte OS-Theorie entstehen. Das Forschungsprojekt zielt auf ein vertieftes Verständnis der sich betätigenden Menschen im spezifischen Kontext einer Sammelunterkunft. Es ermöglicht Einblicke in vielfältige alltägliche Betätigungserfahrungen, -verhaltensweisen und -vollzüge von Menschen mit Fluchterfahrungen, in Betätigungszustände, -bedingungen und -bedürfnisse sowie deren Zusammenwirken aus einer machtkritischen Perspektive.


Kontakt: angelika.roschka@sk.hs-fulda.de

Lebenslauf:

BERUFLICHE STATIONEN

Ernst-Abbe-Hochschule, Jena - seit 2020 Lehrende für besondere Aufgaben im Studiengang Ergotherapie, Fachbereich Gesundheit und Pflege; seit 2023 Diversitätsbeauftragte der Hochschule

step2diversity, Rudolstadt - seit 2009 Freiberufliche Bildungsreferentin im Bereich Antidiskriminierung, Demokratie, Diversität und Transkulturalität für vielfältige Zielgruppen

DGB-Bildungswerk Thüringen e.V., Erfurt - 2017-2021 - Bildungsreferentin im Bereich anti- und nichtrassistische Bildungsarbeit und politische Bildung

AWO Soziale Dienste gGmbH, Rudolstadt - 2015-2016 - Ehrenamtskoordinatorin in der Flüchtlingsarbeit

Advance Center u. Learning Resource Center, Kairo, Ägypten - 2005-2006 - Fachliche Leitung Ergotherapie und Ergotherapeutin, interdisziplinäre Zusammenarbeit im internationalen Team

Frühdiagnosezentrum Universitätsklinikum, Würzburg - 2003-2005 - Ergotherapeutin

Community Workers Society, Kathmandu/Nepal - 2002-2003 - Ergotherapeutin in der Entwicklungsarbeit

Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Hildesheim - 2006-2009 - Master of Science M. Sc. Ergotherapie

Ergotherapie Hogeschool Zuyd, Heerlen/Niederlande - 1998-1999 - Bachelor of Health/Bc. (NL) Ergotherapie

Höhere Berufsfachschule am Institut für Bildung, Kommunikation und Management, Heldrungen - 1995-1998 - Staatlich anerkannte Ergotherapeutin

WEITERBILDUNGEN (AUSZUG)

Diakonie Mitteldeutschland, Halle – 2015-2016 - Multiplikatorin für Demokratieförderung

Paritätische Akademie, Neudietendorf – 2015 – Flüchtlingspatin –Kompetent in der Begleitung von Flüchtlingen

Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte, Weimar – 2013 - Anti Bias (Antidiskriminierungs-)Multiplikatorin

artop – Institut an der Humboldt-Universität, Berlin – 2009-2010 - Trainerin & Coach für interkulturelle Kompetenzen

1998-2000 Stipendiatin des Förderprogramms Begabtenförderung berufliche Bildung, Bonn

 

MITGLIEDSCHAFTEN (Auszug)

  • Seit 2023 Deutsche Occupational Science Gesellschaft e.V.  (Gründungsmitglied)
  • seit 2018 Mitglied Flüchtlingsrat Thüringen e.V.

Beginn des Promotionsprojektes: Seit Mai 2024