Gentrification im Frankfurter Ostend

Eine vorbereitende Untersuchung in Frankfurt/M.

Projektleitung: Prof. Dr. Heike Herrmann
Gefördert durch: Hochschule Fulda
Laufzeit: 1.07.2012-31.12.2013

Projektbeschreibung:
Vor dem Hintergrund eines konstruktivistischen raumtheoretischen Ansatzes stellte das Projekt den sozial-räumlichen Wandel eines Frankfurter Stadtquartiers in den Fokus einer vorbereitenden Untersuchung. Es wurde vermutet, dass durch die Niederlassung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Frankfurter Ostend ein sozial-räumlicher Wandel provoziert wurde und wird, der sich stadtsoziologisch als „Gentrification“-Prozess klassifizieren lässt (Gentrification bezeichnet den Prozess der Umwandlung eines meist innenstadtnah gelegenen Stadtquartiers, der mit dessen infrastruktureller und städtebaulicher Aufwertung und mit einer Verdrängung der ansässigen Bewohnerschaft verbunden ist). Ziel der explorativen Forschung war zunächst die Darstellung des internationalen Forschungsstands zum Thema „Gentrification“ sowie eine Beschreibung der gegenwärtigen Struktur (z.B. Eigentümerverhältnisse, Sozialstrukturdaten der derzeitigen Bewohner) des Frankfurter Ostends. Über eine (qualitative) Befragung von Experten der Stadt Frankfurt/M. (z.B. Angehörige der Stadtverwaltung und sozialer Einrichtungen des Gebiets, Geschäftsleute und Bewohner/innen), mehrfach durchgeführte Raumbeobachtungen sowie eine Analyse von Zeitungsartikel aus der lokalen Presse wurden Raumkonstruktionen insbesondere zum Frankfurter Ostend erhoben, die alte und neue Identitäten des Frankfurter Raumes zum Vorschein bringen. Angestrebt wurde zudem die Generierung von Hypothesen darüber, ob und ggf. wie die festgestellten Raumkonstruktionen Einfluss auf einen Gentrification-Prozess nehmen könnten.

Erste Ergebnisse zeigen, dass in unterschiedlichen Teilgebieten des Ostends mehr oder weniger starke Veränderungen wahrgenommen werden. In den meisten Fällen geht es um Veränderungen, die bereits vor der Planung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank begonnen haben, jetzt jedoch – insbesondere rund um den Neubau – beschleunigt wurden. Baulücken werden geschlossen, alte Häuser saniert und die Infrastruktur den Konsummustern der Mittelschicht (z.B. in Form von Café´s anstelle von Kiosken) angepasst. Es sind Veränderungen, die einen in bestimmten Teilen bereits vor ca. 15 Jahren begonnen Gentrification-Prozess vermuten lassen, der jedoch durch die Neugestaltung des Mainufers und den Neubau der EZB eine verstärkte Dynamik bekommen hat. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Entwicklung des Frankfurter Ostends immer auch vor dem Hintergrund der politisch angestrebten Entwicklung in Richtung einer modernen Dienstleistungsstadt und „Global City“ zu sehen ist; d.h.: die politisch-administrative Steuerung unterstützt die marktwirtschaftliche Aufwertung des innerstädtischen Gebiets. Im Zuge der Stadt(teil)entwicklung verschwindet eine Nische der armen und kinderreichen Familien, der „Überlebenskünstler“ und der nicht so finanzstarken „Kreativen“ der Stadt; diese wurden und werden, so die Aussagen einiger Experten, in andere Räume der Stadt verdrängt.