Bundesbank-Vorstand Dr. Beermann und Fuldaer Professor untersuchen spanische und italienische Bankenabwicklungen

05.02.2018
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Überraschendes Ergebnis nach Auswertung der Bankeninsolvenzen von 2017

Dr. Johannes Beermann, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, Frankfurt, und Professor Dr. Dominik Skauradszun haben im Herbst/Winter letzten Jahres die Bankenabwicklungsfälle von 2017 untersucht, namentlich die Entscheidungen der Europäischen Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board – SRB) zur Banco Popular Español, Banca Popolare di Vicenza und zur Veneto Banca.


Hintergrund der Untersuchung

Die Europäische Union verfügt als zweite Säule der Bankenunion seit 2014 über einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM). 2017 standen die ersten Abwicklungsentscheidungen der europäischen Abwicklungsbehörde an. Diese Entscheidungen wurden im Original veröffentlicht und sind nur in bestimmten Bereichen geschwärzt. Die Untersuchung verfolgte das Ziel, die Vorgehensweise des SRB zu analysieren und die kritischen Prüfungsschritte nach der SRM-Verordnung (VO Nr. 806/2014) zu identifizieren, um für künftige Bankenabwicklungen die Entscheidungspraxis der Abwicklungsbehörde besser einschätzen zu können. Gegenstand der Untersuchung war ferner, ob die in den Abwicklungsplänen von den Banken selbst vorgeschlagenen Abwicklungskonzepte im Ernstfall umgesetzt wurden oder im Ernstfall „alles anders“ kam. Im Übrigen sollten die von der Ermittlungsbehörde angewandten Abwicklungsinstrumente nachgezeichnet werden, insbesondere das Bail-in und die Haftungskaskade (Art. 108 BRRD), um einschätzen zu können, wie sich die jeweiligen Abwicklungsinstrumente auf bestimmte Kapitalinstrumente ausgewirkt haben.


Ergebnisse

Der einheitliche Abwicklungsmechanismus wurde nach der letzten Finanzkrise u.a. damit begründet, dass das nationale Insolvenzrecht für Bankeninsolvenzen nicht ausreichend und daher eine europäische Lösung erforderlich sei (Too Big to Fail Approach), die staatliche Mittel und damit Steuergelder schone. Zwei italienische Banken wurden 2017 gleichwohl nicht nach europäischen Bankenabwicklungsrecht behandelt, sondern nach nationalem, nämlich italienischem Recht.

Bei diesen beiden italienischen Fällen hat die Untersuchung von Beermann/Skauradszun ein überraschendes Ergebnis hervorgebracht. Für die Prüfung, ob eine Bank nach europäischen oder nationalen Insolvenzrecht abgewickelt wird, scheint Art. 18 Abs. 1 lit. c, Abs. 5 SRM-VO Dreh- und Angelpunkt zu werden, also die Frage, ob das Abwicklungsverfahren unter dem Single Resolution Mechanism im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Je nachdem, ob das nationale Recht effektive und flexible Instrumente auch für die Liquidation von Banken vorsieht, kann Art. 18 Abs. 5 SRM-VO damit „Türöffner“ für das nationale Recht sein. Mittelbar werden die Mitgliedstaaten damit motiviert, ihr nationales (Banken-)Insolvenzrecht fortzuentwickeln und an die Instrumente des Single Resolution Mechanism anzugleichen.

Diese Entwicklung steht diametral zu den Vorstellungen des europäischen Gesetzgebers nach der letzten Finanzkrise, liegt jedoch auf der Linie einiger Mitgliedstaaten, die nationalen Rechtssysteme wieder mehr zu stärken, um den im Grundsatz nur subsidiär zuständigen europäischen Institutionen und Behörden weniger Anwendungsbereich zu ermöglichen.


Veröffentlichung sowie Zusammenarbeit zwischen Hochschule-Bundesbank

Die Untersuchung von Beermann/Skauradszun wird in der „Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Wertpapier-Mitteilungen)“ erscheinen.

Zwischenstände der Untersuchung hatte Prof. Skauradszun auf Einladung des Präsidenten der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA im Oktober 2017 in Bern vorgestellt.

Im Übrigen wurde in letzter Zeit die Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Deutschen Bundesbank ausgebaut. Bundesbankdirektor Frank Elster bereicherte mehrfach Vorlesungen von Prof. Dr. Dagmar Preißing und Prof. Dr. Stephan Golla und beim Fuldaer Kolloquium zum Unternehmensrecht sprach letztes Jahr Bundesbankdirektor Dr. Daniel Rau.

Bankwirtschaft und Bankrecht stellen schließlich in diesem Semester erstmals angebotene Wahlmodule dar, die auch das Bankaufsichtsrecht umfassen, und von den Fuldaer Professoren Maurer und Kopp und dem Aufsichtsrechtler Rechtsanwalt Conrad Ruppel, LL.M. von Hengeler Mueller veranstaltet werden.

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