„Diversität ist ein Gradmesser für Demokratie“
15.11.2023Orte, die auf die Existenz queeren Lebens in Fulda und Umgebung verweisen, sind derzeit in der Ausstellung „Queere Worte – Queere Orte“ im Konzeptkaufhaus "Karl" in Fulda zu sehen. Queere Fotoamateur*innen haben mit Einmalkameras ihre Wahrnehmungen und ihre individuellen Inszenierungen queeren Lebens in der Region festgehalten. So entstanden rund 600 autoethnographische Momentaufnahmen, von denen eine kleine Auswahl in der Ausstellung im "Karl" gezeigt wird.
Vertiefende Einblicke in die Lebenswelt queerer Menschen in ländlichen Räumen liefern ergänzend vier anonymisierte Fallbeispiele. Sie basieren auf mehrstündigen biografischen Forschungsinterviews mit queeren Personen aus der Region. Wie die Fotos sind auch die Interviews Teil des transdisziplinären Forschungsprojekts „Akzeptanz und Vielfalt in Fulda und Region“. Dieses vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration geförderte Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die queere Community in der Region zu vernetzen, queeres Leben in ländlich geprägten Räumen sichtbarer zu machen und sich zugleich wissenschaftlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Bislang gibt es in Deutschland kaum Forschung für den ländlichen Raum.
„Wir wollen mit der Ausstellung einen offenen und lebendigen Ort in der Mitte Fuldas schaffen, der die Möglichkeit bietet, sich mit queerem Leben in der Region auseinanderzusetzen, es besser zu verstehen und anzuerkennen“, erklärte Projektleiterin Professorin Dr. Carola Bauschke-Urban von der Hochschule Fulda bei der Eröffnung der Ausstellung Anfang November. „Aus unserer Forschung wissen wir, dass es trotz rechtlicher Anerkennung queerer Lebensformen noch große Lücken in der Akzeptanz queerer Menschen gibt.“ Die Forschenden gehen davon aus, dass das Thema fünf bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung direkt angeht. „Die Rechte queerer Menschen sind Menschenrechte“, betonte die Wissenschaftlerin. „Je länger wir an dem Thema arbeiten, desto klarer wird: Das Projekt hat hohe Relevanz für die Demokratisierung ländlicher Räume. Vielfalt ist ein Gradmesser für die Demokratie.“
Die Ausstellung „Queere Worte – Queere Orte“ ist noch bis 17. Februar 2024 im Kaufhaus Karl (Lindenstraße) in Fulda zu sehen.