Fuldaer Gesundheitswissenschaftler fordert verbindliche Personalstandards in stationärer Pflege

01.12.2016

Prof. Dr. Klaus Stegmüller hat als Einzelsachverständiger im Gesundheitsausschuss des Bundestags zur Personalsituation in Kliniken und Altenpflegeheimen Stellung genommen.

Um die Personalausstattung in der Kranken- und stationären Altenpflege zu verbessern, hat Prof. Dr. Klaus Stegmüller vom Fachbereich Pflege und Gesundheit an der Hochschule Fulda dem Gesundheitsausschuss des Bundestags die sofortige Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpakets empfohlen. Stegmüller hatte am Mittwoch dieser Woche als Einzelsachverständiger zur Personalsituation in Kliniken und Altenpflegeheimen Stellung genommen.

„Es besteht akuter Handlungsbedarf, damit eine verbesserte Personalausstattung in den Krankenhäusern, Abteilungen und Stationen schnell wirksam werden kann“, sagte er in der Anhörung. Eine bessere Personalausstattung  sei nicht nur eine wichtige Voraussetzung, um die Versorgungsqualität in der stationären Pflege zu verbessern, sie könne auch entscheidend dazu beitragen, den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen.

Der Experte für Gesundheits- und Pflegepolitik plädierte für eine gesetzliche Personalbemessung für deutsche Akutkliniken, deren Einhaltung die Bundesländer überwachen sollten. Der notwendige Finanzbedarf für eine bessere Personalausstattung solle je zu einem Drittel von den Bundesländern, den Kostenträgern sowie den Kliniken durch interne Umschichtung gedeckt werden. Ziel müsse unter anderem sein, den Krankenhäusern den Druck zu nehmen, notwendige Investitionen aus den laufenden Einnahmen oder gar dem Abbau von Pflegepersonal zu finanzieren.

Stegmüller verwies auf Studien aus den USA, die den engen Zusammenhang zwischen einer guten Personalausstattung in der stationären Krankenhaus- wie auch Altenpflege und einer qualitativ hochwertigen Versorgung gut dokumentierten. Sie hätten gezeigt, dass sich vor allem Neueinstellungen von Pflegefachkräften positiv auf die Pflegequalität auswirkten. So sei die Sterblichkeit von Patientinnen und Patienten in Kliniken mit einer besseren Ausstattung an qualifizierten Pflegekräften niedriger als in Kliniken mit einer geringeren Personalausstattung in der Pflege. Umgekehrt gebe es starke Anzeichen dafür, dass eine niedrige Personalausstattung Fehler bei der Medikation begünstige und die Gefahr von Infektionen im Krankenhaus erhöhe.

Die Situation in der stationären Versorgung in Deutschland sei seit 1996 davon gekennzeichnet, dass sich die Personalausstattung in der Pflege bei deutlich steigenden Anforderungen kontinuierlich verschlechtert habe. „Vor dem Hintergrund der internationalen Evidenz gefährden dieser Trend und die daraus resultierende Arbeitsverdichtung für die Pflegenden die Qualität der Versorgung und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten“, warnte Stegmüller.

Gleichermaßen kritisch sei die Situation in der stationären Altenpflege zu beurteilen, wo die steigenden Anforderungen zu deutlich steigenden Belastungen für Pflegekräfte führten, und zwar nicht nur aufgrund der wachsenden Zahl Pflegebedürftiger, sondern beispielsweise auch durch die Zunahme Pflegebedürftiger, die nur noch über eine eingeschränkte Alltagskompetenz verfügten.

Für die stationäre Altenpflege sehe das zweite Pflegestärkungsgesetz zwar ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs vor, doch das alleine werde weder die Personalausstattung in den Einrichtungen noch die Pflegequalität verbessern, gab Stegmüller zu bedenken. So sehe er die Gefahr, dass bevorzugt Pflegehilfskräfte eingestellt würden, um die Mindeststandards zu erfüllen. Stegmüller fordert daher, die zuständigen Behörden in den Bundesländern zu verpflichten, den Personalbedarf zu überprüfen. Um eine „Flickenteppich“ landesgesetzlicher Regelungen zu verhindern, sei es darüber hinaus wichtig, einheitliche Mindeststandards zur Personalbemessung in allen Bundesländern festzulegen.

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