Judentum in der Region Fulda

15.05.2019
v.l.: Götz Otto (Duo Heiko Ommert), Hendrik Wesner (Leitung digitale Dienste/ Referent Hochschulbibliothek), Heiko Ommert (Duo Heiko Ommert), Hochschulpräsident Prof. Dr. Karim Khakzar, Joachim Schulz (Inititiator der Ausstellung), Hans-Joachim Reinhard (Dekan des Fachbereichs Sozial-und Kulturwissenschaften), Dr. Michael Imhof (Initiator der Ausstellung, Vorsitzender des Hochschulrats), Prof. Dr. Martina Ritter, (Dekanin des Fachbereichs Soziale Arbeit), Roman Melamed (Vorstand der jüdischen Gemeinde Fulda) (Foto: Hochschule Fulda)

Ausstellung in der Bibliothek auf dem Campus der Hochschule eröffnet / Umfangreiches Rahmenprogramm

Die große Halle der Bibliothek auf dem Campus der Hochschule Fulda ist ein angemessener Rahmen für die großformatigen Tafeln, die dazu einladen, sich mit einer oft weniger bekannten Geschichte des Landjudentums und der hoffnungsvollen Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert zu beschäftigen. Jüdische Unternehmer und Kaufleute als Wegbereiter der Moderne in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Region kennenzulernen, ist auch das Anliegen der beiden Fachbereiche Sozialwesen und Sozial- und Kulturwissenschaften, die die von den Pädagogen und Regionalhistorikern Dr. Michael Imhof und Joachim Schulz im Auftrag des Bildungsvereins Zukunft Bildung Region Fulda e.V. konzipierte Ausstellung in diesem Sommersemester in die Hochschule Fulda geholt haben.

Jüdische Existenz in Europa werde überwiegend als Erfahrung von mangelnder Akzeptanz und fehlender Toleranz, von Ausgrenzung, Vertreibung und Pogromen bis zur Vernichtung wahrgenommen, betonte Imhof in seiner Einführung in die Ausstellung. Es gelte aber auch, die Phasen emanzipatorischer Hoffnungen, des Miteinanders und Nebeneinanders und des individuellen Glücks aufzuzeigen. Oftmals in der historischen Betrachtung werde die jüdische Religion als die Grundlage des Jüdischseins vernachlässigt. Wie die Religion den Alltag gläubiger Juden mitbestimmt, wird daher in verständlichen und reich bebilderten Informationen vermittelt.

Ein wichtiger Gradmesser für die sozialpolitische Stimmungslage in der Bevölkerung seien Wahlergebnisse, erläuterte Imhof. Der verstärkt aufkommende Antisemitismus zeigte sich auch in den Wahlerfolgen der antisemitischen Parteien Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den Wahlbezirken Mittel- und Nordhessens. Dort erlangten sie in sechs von acht Wahlbezirken das Direktmandat. In der Weimarer Republik setzte der politische Erdrutsch mit der Weltwirtschaftskrise 1929 ein. Die labile republikanische Grundhaltung auch in der Region Fulda wurde in den enormen Wahlerfolgen der NSDAP in nur drei Jahren, von 1930 bis 1933, mit den politisch verheerenden Folgen sichtbar.

Mit dem Blick auf heute warnte Imhof: „Angesichts des europaweiten Aufkommens rechtsnationaler, rechtspopulistischer und rechtsextremer Kräfte und eines unverhohlenen Antisemitismus reichen Gedenken und Erinnern nicht aus. Hier bedarf es der deutlichen Stärkung unseres demokratischen gesellschaftlichen Selbstverständnisses in Schule und Öffentlichkeit und eines entschiedenen Handelns der staatlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft.“

Eine Verknüpfung der Historie mit der aktuellen Hochschulentwicklung stellte der Präsident der Hochschule Fulda, Prof Dr. Karim Khakzar, her. In seiner Begrüßung wies er auf die Partnerschaften mit israelischen Hochschulen hin, an deren Zustandekommen Michael Imhof als Hochschulrat maßgeblich beteiligt war. An der internationalen Sommeruniversität als Begegnungsort von Studierenden aus der ganzen Welt nehmen jährlich auch junge Israelis teil. In diesem Rahmen haben sie Gelegenheit, den Spuren jüdischer Vergangenheit und Gegenwart zu begegnen.

Vor dem Hintergrund sowohl der vergangenen als auch der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen erinnerte Prof. Dr. Khakzar daran, „was passieren kann, wenn man nicht achtsam ist und die Verantwortung anderen überlässt.“

Dekan Prof. Dr. Hans-Joachim Reinhard vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften und Prof. Dr. Martina Ritter, Dekanin des Fachbereichs Sozialwesen, stellen die Ausstellung mit dem Rahmenprogramm als eine Bereicherung des Bildungsangebots der Hochschule dar und dankten den beiden Initiatoren. Prof. Dr. Ritter betonte, dass die Geschichte des Judentums nicht mit dem nationalsozialistischen Völkermord endete, sondern jüdisches Leben auch hier und heute stattfindet.

Roman Melamed vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Fulda betonte, dass sich die Jüdische Gemeinde in Fulda angenommen und als Teil der Stadt fühle. Veranstaltungen wie die Ausstellung auf dem Hochschulcampus seien dafür ein wichtiges Zeichen, für das er dankbar sei.

Zuvor hatte für die Hochschulbibliothek Hendrik Wesner das breite Literatur- und Dokumentenangebot der Bibliothek zum Thema vorgestellt und darauf hingewiesen, dass viele historische Zeitungen jetzt auch digital verfügbar seien.

Den musikalischen Rahmen gestaltete das Duo Heiko Ommert mit Saxophon und Zupfbass mit bekannten und einfühlsamen Melodien aus der jüdischen Welt. Eine gelungene Einstimmung.

Die Ausstellung ist noch bis zum Semesterende am 31. Juli 2019 zu den Öffnungszeiten der Bibliothek auf dem Campus, Leipziger Straße Nr. 123 für das interessierte Publikum zugänglich. Gruppenführungen können auf Anfrage vermittelt werden. (Kontakt über Frau Krönung, Email: heike.kroenung@sw.hs-fulda.de)


„Jüdisches Leben in Deutschland“- Begleitprogramm zur Ausstellung „Judentum in der Region Fulda“


"Judentum in der Region Fulda“ (Vortrag) und Rundgang durch die Ausstellung mit anschließendem Erkundungsgang auf den „Spuren jüdischer Geschichte in Fulda"
16. Mai 2019, 10-15 Uhr
Dr. Michael Imhof mit dem Seminar „Erinnerungskulturen“ von Prof. Dr. Carola Bauschke-Urban, Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der  Hochschule Fulda

„Soziale Arbeit und Rechtsradikalismus“
20. Mai 2019, 19:00 Uhr Gebäude 21 Raum 024
Gerd Ochs, Polizeipräsidium Osthessen, Regionalstelle des Programms IKARus
in Kooperation mit dem Seminar „Soziale Dienste der Justiz“ von Dr. Philipp Gescher

"Wie geht die Kirche mit dem Wiedererstarken des Antisemitismus um?"
4. Juni 2019, 18 Uhr, im Foyer der Hochschulbibliothek auf dem Campus
Prof. Dr. theol. habil. Cornelius Roth, theol. Fakultät Fulda, Prorektor am Standort Marburg,Pfr. Marvin Lange, ev. Bonhoeffer-Gemeinde Fulda
Kooperationspartner: Evangelische und katholische Studierendengemeinde

"Antisemitismus im Alltag - wie darauf reagieren“
13. Juni 2019, 9 -13 Uhr, Campus Hochschule Fulda, Gebäude 41 (B), R.103/104
Workshop der Anne-Frank-Stiftung
im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums
Winfriedschule Fulda

„Geschichte und Entwicklung der Jüdischen Gemeinden in Hessen nach 1945“
17. Juni 2019, 19 Uhr im Foyer der Hochschulbibliothek auf dem Campus
Daniel Neumann, Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen
Einführung von Dr. Michael Imhof zu „Stationen des Judentums in der Region Fulda“

Ausstellungsgang mit den Teilnehmer*innen der internationalen Sommeruniversität Fulda
9. Juli 2019, 9-10 Uhr
Dr. Michael Imhof / Joachim Schulz

Ausstellungsgang mit den Teilnehmer*innen der internationalen Sommeruniversität Fulda
10. Juli 2019, 9-10 Uhr
Dr. Michael Imhof / Joachim Schulz

"Wo sitzen unsere Feinde"? Gegenwärtige Facetten des Antisemitismus
17. Juli 2019, 18 Uhr, Gebäude 21, Raum O 023
Prof. Dr. Alexandra Kurth, Gießen

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