„Kopf“ von Robert Sturm
Bekannter Keramikkünstler lehrte an der damaligen Fachhochschule Fulda
Seit wenigen Jahren ist an der Hochschule Fulda ein Werk des europaweit bekannten Keramikkünstlers Robert Sturm (1935 – 1994) zu sehen. Er war nicht nur Bildhauer, sondern auch Professor am Fachbereich Sozialwesen. Die Hochschule ehrt damit auch das Andenken an einen ihrer früheren Lehrenden, dessen Wirken weit über die Hochschule hinausging.
Rechts neben der großen Treppe im Erdgeschoss der Bibliothek am Hochschulcampus steht die schmale, weiße Stele mit der etwa 40 Zentimeter hohen Skulptur. Studierende und Dozenten, die sich dort in den Regalen die für sie bestellten Bücher abholen, kommen auf jeden Fall an ihr vorbei. Beim Betrachten scheint es auf den ersten Blick so, als habe die Skulptur im Meeresgrund oder im Erdboden verborgen gelegen. Man denkt vielleicht an oxydierte Bronze, verrostetes Metall oder Schwemmholz, von der Zeit zerfressen, eventuell ein Überbleibsel einer archaischen Figur. Doch die von der Hochschule neu angekaufte Plastik mit dem Titel „Kopf“ besteht aus Ton, geschaffen von dem international bekannten Keramikkünstler Robert Sturm.
Dass in der Bibliothek der Hochschule Fulda eines seiner Werke zu sehen ist, kommt nicht von ungefähr. „Es gibt einen besonderen Zusammenhang“, erklärt Prof. Dr. Karim Khakzar, Präsident der Hochschule Fulda: „Robert Sturm war ein ehemaliger Kollege und ein renommierter Künstler; seine Werke sind einigen Kolleginnen und Kollegen noch sehr präsent. Deshalb waren wir auch froh, eine seiner Skulpturen erwerben zu können und hier in der Bibliothek der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Sturm habe zu den Persönlichkeiten gehört, die die Hochschule in ihren frühen Jahren prägten. Studierende, die mit ihm zu tun hatten, hätten von einer Doppelbegabung Sturms profitiert: Er habe als Künstler fasziniert und sei ein Lehrender mit Ausstrahlung gewesen, wie sich ein früherer Kollege erinnert.
Robert Sturm gehörte zur internationalen Spitze der Keramikbildhauer und wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Die Skulpturen und Grafiken, die er in seinem Atelier in Dipperz schuf, waren weltweit auf über 80 Ausstellungen zu sehen und werden auch heute noch in vielen bekannten Museen in Europa gezeigt.
1935 in Bad Elster in Sachsen geboren, studierte Sturm als Meisterschüler an der Kunsthochschule in Kassel in der Bildhauerklasse von Walter Popp. Schon damals war Ton sein bevorzugtes Material, aus dem er vor allem Köpfe, Torsi und Reliefs schuf. Und er fand sein Thema: „Wie ein roter Faden zieht sich die Auseinandersetzung mit dem Fragmentarischen durch alle Stationen meines Schaffens. Fragmentarisches kann Prinzip und Idee sein. Das Fragment gibt Spielraum im Denken und Fühlen des Betrachters. Das Fragment ist für mich Zeichen für die Gebrochenheit der Welt, in der wir leben.“ So hatte er selbst sein Werk charakterisiert.
Sturm gehörte – wie auch seine spätere Frau Ute Sturm-Jöhrens zum Urgestein der Hochschule. Sie arbeiteten seit den 60er Jahren an der Vorgängereinrichtung, dem Pädagogischen Fachinstitut (PFI) und seit 1971 an der Fachhochschule: er bis kurz vor seinem Tod als Professor für Kunst- und Medienpädagogik am Fachbereich Sozialwesen, sie als Lehrbeauftragte in der Sportausbildung.
Auch für ihren 1968 geborenen Sohn Jörg gibt es einen besonderen Zusammenhang. Er wuchs quasi an der Hochschule auf, rutschte als Kind im Nebenraum der Turnhalle auf den Hochsprungmatten herum, schaute seinem Vater bei der Arbeit an den Brennöfen zu oder inspizierte die Dunkelkammer des Fotolabors. Mittlerweile Architekt geworden, gewann er den Wettbewerb für den Neubau eines Unterrichts-, Labor- und Verwaltungsgebäudes auf dem Campus der Hochschule Fulda. Dass die Hochschule ein Werk seines Vaters gekauft hatte, wusste er zu der Zeit nicht. „Das hat unsere ganze Familie sehr gefreut. Es ist eine schöne Doppelung: Mein Vater hat an der Hochschule gelehrt und als Künstler gewirkt, und unser Architekturbüro baut nun hier.“ So schließt sich der Kreis.
Zum Artikel über Robert Sturm im 40-Jahre-Hochschule-Fulda-Buch: Wo der Kreis sich schließt.pdf