Blick ins Labor

Simulations- / Skillslabor Physiotherapie

Skillslab-Konzept im Studiengang Physiotherapie

Physiotherapeut_innen werden im Laufe ihrer Ausbildung in die Lage versetzt werden, ernste Erkrankungen und Risiken zu erkennen und die Ursachen von Beschwerden präzise zu identifizieren. Dies ist entscheidend dafür, dass Patient_innen sicher und wirksam therapiert werden. Wichtig für präzise Diagnostik und effektive Therapie sind gute manuelle Fertigkeiten („Fingerspitzengefühl“) und die Fähigkeit zur klinischen Beobachtung („therapeutisches Auge“). Diese Kernkompetenzen werden unseren Physiotherapiestudent_innen im Laufe des Studiums vermittelt.

Das Skillslab der Physiotherapie ist ein besonderer Lernort, in dem Studierende in geschützter Umgebung an ihren diagnostischen und therapeutischen Kompetenzen arbeiten können.

Die Studierenden lernen hier das sichere Messen von Gelenkbeweglichkeit, sie analysieren den menschlichen Gang und analysieren ihre Messergebnisse und ihre Beobachtungen mit biomechanischen Feedbacksystemen. Sie bestimmen dabei zuverlässig Gelenkwinkel, Bewegungsmuster und schärfen dabei ihr therapeutisches Auge - eine wichtige Kompetenz bei der Untersuchung von Erkrankungen am Bewegungsapparat. Mit sehr präzisen Sensoren und einer leicht zu bedienenden Analyse-Software erlernen unsere Studierenden reproduzierbare Trainingswiderstände zu setzen und die sichere Kraftdosierung für Muskel-, Weichteiltechniken und Gelenksmobilisationen.

Um die Ausbildungsqualität weiter zu steigern haben wir für unsere Studierenden ein hochmodernes Lernlabor (Skillslab) eingerichtet. Hier wird das Behandlungs- und Untersuchungsgeschick der Studierenden an unterschiedlichen Lernstationen weiter optimiert. Studierende können ihre Behandlungstechniken mit modernsten Messsysteme selbstständig überprüfen und erhalten ein Live-Feedback. Dabei erfahren Sie ob ihre Therapie tatsächlich die betroffenen Strukturen (Muskulatur, Gelenke, Organe) erreicht und somit die beabsichtigte Wirkung entfalten kann. 

Darüber hinaus werden während des Skills-Trainings auch anatomische Kenntnisse zur Muskulatur und Biomechanik weiter vertieft und gefestigt. Hierzu halten wir eine Anatomie-Software bereit, die auf Tablets oder den Laborrechnern ausgeführt werden kann. Neben biomechanischen Messsystemen stehen unseren Studierenden auch eine moderne Wärmenbildkamera zur Verfügung, mit der sie ihren Tastsinn (Palpation), das Aufspüren und von Wärme und entzündlichen Prozessen schulen können. Das mobile Kamerasystem wird von den Studierenden auch genutzt, um die Effekte von Kälte- und Wärmeapplikationen im Praxisunterricht zu veranschaulichen.

Durch die weiterführenden Lerneinheiten werden unsere Studierenden bestmöglich auf die klinischen Praktika und den späteren Berufsalltag vorbereitet und sind infolgedessen als besonders qualifiziert erkennbar.

Die einzelnen Lernangebote unseres Skillslabs werden im folgenden Text näher beschrieben.

Muskelfunktion wird sichtbar…

Die Elektromyografie ermöglicht den Lernenden einen virtuellen Blick in die Muskelfunktion. Dazu kleben Lernende kleine kabellose Sensoren auf Muskeln, die sie „beobachten“ möchten. Sind die Sensoren richtig platziert, kann sofort mit Übungen begonnen werden. Dabei werden Summen-Aktionspotentiale einzelner Muskelfasern erfasst, von einer intelligenten Software verrechnet und in eine grafische Darstellung der Muskelfunktion überführt. Die Lernenden nutzen die Informationen zur Verbesserung ihrer Behandlungstechniken, wie zum Beispiel bei der Applikation von Führungswiderständen (PNF) und erweitern ihr Verständnis für funktionelles Training. Sie erhalten während den Übungen unmittelbare Rückmeldung, wie sich therapeutisches Handeln und Entscheidungen auf die Muskelfunktion auswirkt. Die Lerneinheiten steigern das studentische Wissen um Anatomie, Muskelphysiologie, Biomechanik und Trainingssteuerung.

…wir analysieren, interpretieren und beeinflussen Bewegung.

Hierzu stehen den Lernenden hochmoderne Beschleunigungssensoren (IMU) und eine intelligente Analyse-Software zur Verfügung. Die Lernenden legen sich gegenseitig sogenannte Wearables (tragbare Sensoren) mit elastischen Bändern an und können sofort mit der Bewegungsanalyse starten. Ob Hock-Strecksprung, Liegestütz, schnelles Laufen oder langsames Gehen, das telemetrische Messsystem ermöglicht eine präzise Analyse der Bewegungsabläufe. Die kleinen, am Körper getragenen Devices erfassen komplexe Bewegungen der Wirbelsäule und kleinste Winkeländerungen der Extremitätengelenke, bereits während der Durchführung bestimmter Übungen oder komplexer Trainingssequenzen. Im Live-Bild können Winkelstellungen in statischen Positionen oder während sportlicher Aktivitäten exakt dargestellt werden. Dies ermöglicht die Analyse von Bewegungsprofilen gesunder Sportler oder die abweichenden Bewegungsmuster von Patienten mit Störungen am Bewegungsapparat. Die Lernenden sehen bereits während der Durchführung ein digitales Abbild der Bewegungsabläufe als Avatar und Videosequenz zur Verfügung. Darüber hinaus werden auch Beschleunigungskräfte, Bewegungsrichtungen und Massebewegungen aufgezeichnet. Und damit das Lernen nicht mit der Arbeit im Labor enden muss, können die Lernenden ihre Messdaten auf dem eigenen Computer weiter analysieren. Hierzu steht den Lernenden eine Student-License zur Verfügung, die auf dem heimischen Laptop oder PC ausgeführt werden kann.

…Kräfte einschätzen und dosieren.

Wie fest muss ich drücken oder ziehen, damit meine Therapie optimal wirkt? Diese Frage stellen sich viele Lernenden im Laufe ihrer Ausbildung. Auch hierfür bietet das Lernlabor eine smarte Lösung. Digitale Kraftmessgeräte (Dynamometer) können manuell (händisch) oder apparativ (gerätegestützt) applizierte Kräfte exakt bestimmen und den Abgleich mit Referenzwerten zu. Auch diese Systeme lassen sich mit der bereitgestellten Laborsoftware kombinieren und geben direkte Rückmeldung, mit wieviel Kraft die Lernenden eine Technik durchführen. So können Lernende schnell und sicher überprüfen, ob ihr therapeutisches Handeln zu stark, zu schwach oder optimal dosiert ist. An der Lernstation werden Techniken, wie die schmerzlindernde Traktion von Gelenken oder der gezielte Einsatz von Trainingswiderständen geübt. Die Lernenden können infolgedessen ihre Kräfte besser einschätzen und bekommen mehr Sicherheit im praktischen Handeln.

…Verborgenes sichtbar machen.

Der Einsatz einer Wärmebildkamera ermöglicht den Lernenden eine weiterte Reflexionsebene ihres therapeutischen Handelns. Die Lernenden nutzen das Kamerasystem bei der Applikation von Kälte- und Wärmeträgern oder bei Interventionen, die Einfluss auf den Wärmehaushalt (Training) oder die Durchblutung (Muskeltechniken, Massage) nehmen. Das Mobile System gestattet eine flexible Anwendung im Labor und im Unterricht. Mit den thermografischen Aufnahmen werden therapeutische Interventionen sichtbar und können besser kontrolliert werden. Die Studierenden sehen unmittelbar, ob und wie stark ihre Behandlung wirkt.

Bilder: HS Fulda, Baumann

…das therapeutische Auge schulen.

Mit der Rasterstereographie-Technik steht den Lernenden eine modernes und objektives Diagnostikinstrument zur Verfügung. Das System arbeitet mit Licht und Videotechnik und ermöglicht den Lernenden eine 3-D-Analyse der Wirbelsäule. Eine Lichtquelle projiziert dabei, wie durch eine „Jalousie“ ein horizontales Linienmuster auf den Oberkörper. Durch die Krümmung des Linienmusters auf der Rückenoberfläche kann ein computergestütztes Kamerasystem ein dreidimensionales Modell der Körperoberfläche und der Wirbelsäule errechnen. Das System integriert zudem eine Druckmessplatte, die die Druckverteilung der Füße und die Schwerpunktverlagerung ermittelt. Die Lernenden nutzen die Technik um die Statik des Menschen zu analysieren und besser zu verstehen. Mit dem System wird der therapeutische Blick der Lernenden, für funktionelle oder habituelle Haltungsabweichungen und Fehlstellungen geschult.