Anrechnung von Kompetenzen auf das Studium (APEL- Verfahren)

Sie bringen Wissen und Fähigkeiten aus einer Berufsausbildung, einem früherem Studium, der Berufstätigkeit, Weiterbildung, dem Ehrenamt oder persönlichen Interessen mit? Grundsätzlich ist es möglich, diese auf Ihr Studium anzurechnen, sofern es sich um Kompetenzen handelt, die in Ihrem Studiengang in einem Modul erworben werden sollen. Bis zur Hälfte des Studiums kann durch außerhochschulisch erworbene Kompetenzen auf das Studium angerechnet werden. Aber Achtung: das gilt nicht für Kompetenzen, die Voraussetzung für die Zulassung zum Studium sind!

Handelt es sich um Kompetenzen, die Sie in einem Hochschulstudium erworben wurden, so reicht es, dass Sie entsprechende Unterlagen (Bescheinigung über entsprechende Studienleistungen, Modulbeschreibung) im Studienbüro vorlegen. Die Hochschule ist verpflichtet, diese Leistungen im Umfang ihrer Gleichwertigkeit anzurechnen; Noten werden nach Möglichkeit ebenfalls übernommen.

Komplizierter ist es, wenn Sie die Kompetenzen auf anderem Wege erworben haben, z. B. in einer Ausbildung. Dann sind Sie es, die die Gleichwertigkeit der Kompetenzen nachweisen müssen. Um für alle nachvollziehbar zu machen, was das passiert und alle gleichberechtigt zu behandeln, hat der Fachbereich Gesundheitswissenschaften schon 2008 ein Verfahren entwickelt: Das sogenannte APEL-Verfahren. APEL steht für „Accreditiation of Prior Experiential Learning“. Das Verfahren hat einen englischen Titel, weil wir bei der Entwicklung des Verfahrens von den Erfahrungen unserer Partnerhochschulen in Großbritannien profitiert haben. 

Wie geht das?

Wenn Sie mit einer fertigen Berufsausbildung im jeweiligen Gebiet Physiotherapie oder Hebammenkunde studieren wollen, dann gilt ein vereinfachtes Anerkennungsverfahren. Sie können sich einen bestimmten Teil der Modul pauschal anerkennen lassen, bei einem anderem Teil können Sie wählen und müssen in einem Portfolio darlegen, weshalb Sie gerade diese Kompetenzen über die Ausbildung hinaus in ihrer Berufstätigkeit aktiv gefördert haben. Um welche Module es dabei geht, erfahren Sie in der jeweiligen Prüfungsordnung und den entsprechenden Merkblättern.

In allen anderen Studiengängen müssen Sie sich in einem Portfolio darlegen, welche Kompetenzen von welchem Modul Sie in denken, in ihrer Freizeit, ihrem sozialen Engagement oder der beruflichen Tätigkeit bereits erworben zu haben. Die Grundlage für die Erarbeitung des individuellen Portfolios bilden die Modulbeschreibungen der jeweils gültigen Prüfungsordnungen. Hier sind die Lerninhalte und die damit abgestrebten Qualifikationsziele formuliert. Sie müssen nun beschreiben und belegen, wieso die denken – auch aktuell – über diese Kompetenzen zu verfügen.

Tipp: Beim Schreiben eines Portfolios geht es nicht darum, ob Sie schon mal von entsprechenden Inhalten etwas gehört haben, sondern welche Verantwortung Sie für welche Art von Tätigkeiten übernehmen können. Achten Sie bei den Qualifikationszielen besonders auf die Verben, die dort genannt sind, wie z. B. kennen, anwenden, reflektieren, entwickeln.

Der Prüfungsausschuss des jeweiligen Studiengangs hat dann die Aufgabe, die Gleichwertigkeit der beschriebenen Kompetenzen in ihrem Potfolio mit den im Studium angestrebten Qualifikationen zu prüfen. Er zieht dazu die Person hinzu, die für das jeweilige Modul verantwortlich ist.

Sofern dem APEL- Antrag stattgegeben wird, erfolgt die Anrechnung eines oder mehrerer Studienmodule. Der Besuch dieser Lehrveranstaltungen sowie das Absolvieren der Modulprüfung sind dann hinfällig. Sie verringern damit ihren studentischen Workload (Arbeitszeit). Eine Verkürzung des Studiums ist durch das APEL- Verfahren jedoch nicht immer möglich.

Fallbeispiele

Svenia Müller ist gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Nach ihrer Berufsausbildung hat sie fünf Jahre in der stationären Altenpflege gearbeitet und nach dem zweiten Jahr die Verantwortung für das Qualitätsmanagement der Einrichtung übernommen. Dafür wurde sie von der Einrichtung auch zu einer Weiterbildung geschickt. Vor allem aber macht sie diese Tätigkeit seit dem kontinuierlich und hat schon einige Erfahrungen gesammelt. Jetzt möchte sie sich beruflich weiterentwickeln und hat beschlossen, Pflegemanagement berufsbegleitend zu studieren. Da sie mit einem Standbein in der Praxis bleiben will, gefällt ihr die Möglichkeit, berufsbegleitend zu studieren. Ein Modul weniger zu studieren, hat klare Vorteile. Da es im Studium auch ein Modul Qualitätsmanagement gibt, würde sie sich das gerne anrechnen lassen. Von der theoretischen Möglichkeit, auch evtl. das Modul Berufsfeldorientierung anerkannt zu bekommen, weil sie schließlich in der Praxis schon Managementaufgaben übernimmt, nimmt sie aber Abstand. Schließlich ist das ihre Chance, nochmal in das Management anderer Versorgungsbereiche hineinzuschauen.

Tim Meier arbeitet schon einige Jahre als einer der wenigen männlichen „Hebammen“ in Deutschland und ist inzwischen in der Hebammenausbildung tätig. Da er inzwischen nur zu gut weiß, welche Verantwortung mit diesem Beruf verbunden ist, hat er sich entschieden noch mal selbst die Schulbank zu drücken und Hebammenkunde zu studieren. Im Vergleich zu den Anfängerinnen bringt er aber doch einiges an Wissen mit. Deswegen nutzt er gerne das vereinfachte Anerkennungsverfahren und entscheidet sich zwei Jahre richtig auszusteigen und in Vollzeit in dieser Zeit sein Studium abzuschließen. Danach würde er gerne noch den Pädagogik-Master anschließen.

Indira Schneider hat sich entschieden, nach ihrem Studium in der Gesundheitsförderung und einiger Berufserfahrung in einem Forschungsprojekt nun endlich den Master in Public Health zu studieren. In den Projekt ging es um Peer Involvement in der Gesundheitsförderung. Gemeinsam mit ihrer Chefin hat sie bereits einige wissenschaftliche Artikel über Fragestellung des Projektes in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht, davon einen als Erstautorin. Darin hat sie vor allem die theoretischen Grundlagen des Peer Involvement erläutert und den Forschungstand dazu aufgearbeitet. Sie überlegt, ob das ausreicht, sich das Modul Gesundheitsförderung im Master-Studiengang anrechnen zu lassen?

Was sind Kompetenzen?

Kompetenzen sind die Fähigkeiten einer Person, eine bestimmte Aufgabe ausführen oder ein Problem lösen zu können. Um das zu tun, muss man Dinge wissen oder verstehen, man muss dieses Wissen praktisch anwenden können, muss in einem gewissen Umfang Entscheidungen treffen, mit anderen über Dinge die man tut, angemessen kommunizieren und man muss in der Lage sein, zu überprüfen, ob das eigene Tun den gewünschten Effekt hatte und daraus weiter lernen.

Beispielsweise werden Sie in Fulda auf dem Bahnhof von jemandem auf Englisch nach dem Weg zur Hochschule gefragt. Um diese Aufgabe zu lösen, müssen Sie selbst wissen, wie man zur Hochschule kommt und müssen die Vokabeln zur Wegbeschreibung kennen. Sie brauchen aber auch eine gewisse Sprachpraxis um flüssig und verständlich korrekte Sätze formulieren zu können. Sie kommunizieren dabei natürlich und vergewissern sich, ob Ihre Beschreibung auch verstanden wird. Und Sie treffen Entscheidungen: Beispielsweise können Sie den Weg zu Fuß oder mit dem Bus beschreiben, Sie können nachfragen, ob Ihr Gesprächspartner lieber zu Fuß gehen möchte oder Sie können Ihr Gegenüber einfach einladen, den Weg mit Ihnen gemeinsam zu gehen. Sie übernehmen in einem gewissen Umfang Verantwortung dafür, ob Ihr Gesprächspartner auch an der Hochschule ankommt.

Nach dem „Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen“ (DQR) wird zwischen Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und Selbständigkeit unterschieden, die gemeinsam eine bestimmte Kompetenz ausmachen. Es geht also um mehr als nur um Wissen.

Mit etwas handwerklichem Geschick sind viele Menschen in der Lage, aus einem Brett und zwei Stützen etwas zu bauen, das als Tisch nutzbar ist. Wenn Sie einem Schreiner den Auftrag geben, für Sie einen Tisch zu bauen, wird das Ergebnis wahrscheinlich etwas anders aussehen. Kompetenzen kann man also auf unterschiedlichem Niveau haben. Der DQR unterscheidet acht verschiedene Kompetenzniveaus. Am Ende eines Bachelor-Studiums sollten Sie über die für Ihr Gebiet relevanten Kompetenzen auf der Niveau-Stufe 6 verfügen. Der Abschluss einer Pflegeausbildung oder einer Ausbildung in der Physiotherapie wird in Deutschland beispielsweise auf der Niveau-Stufe 4 eingeordnet. Schon deshalb ist es nicht möglich, eine Berufsausbildung beispielsweise als Hebamme im vollem Umfang auf das Studium anzuerkennen, sondern eben nur bis maximal zur Hälfte des Umfangs des Studiums.

Was kann beispielsweise jemand besser, wenn er Physiotherapie studiert gegenüber jemanden, der eine Physiotherapieausbildung abgeschlossen hat? Beide sollten Patientinnen und Patienten behandeln können, aber auf unterschiedlichem Niveau. In der Sprache, mit der Kompetenzen beschrieben werden, lautet das in etwa so:

 

Ausbildung

Studium

Wissen

Verfügt über fachtheoretisches Wissen in der Physiotherapie

Verfügt über ein breites und integriertes Wissen einschließlich der wissenschaftlichen Grundlagen, der praktischen Anwendung sowie über ein kritischen Verständnisses der wichtigsten Theorien und Methoden der Physiotherapie.

Fertigkeiten

Verfügt über ein breites Spektrum kognitiver und praktischer Fertigkeiten in der Physiotherapie, die ihr oder ihm ermöglichen, die Probleme der Patentinnen und Patienten selbständig zu bearbeiten und die Ergebnisse der eigenen Arbeit zu beurteilen und Handlungsalternativen abzuwägen

Verfügt über ein sehr breites Spektrum an Methoden zur Bearbeitung komplexer Probleme in der Physiotherapie. Kann neue Lösungen erarbeiten und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstäbe (wissenschaftlicher Kenntnisstand, Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, eigene klinischer Erfahrung) beurteilen.

Sozialkompetenz

Kann Abläufe und Ergebnisse begründen und über Sachverhalte in der Physiotherapie umfassend kommunizieren.

Kann komplexe fachbezogene Probleme und Lösungen in der Physiotherapie gegenüber Fachleuten argumentativ vertreten und mit ihnen 

weiterentwickeln.

Selbstständigkeit

Kann sich in der Tätigkeit Ziele setzen, sie reflektieren, realisieren und verantworten.

Kann in der Tätigkeit Ziele definieren, reflektieren und bewerten, kann Arbeitsprozesse eigenständig und nachhaltig gestalten.

 

 

Studiengangskoordinatorin

Susan Wank

Studiengangskoordinatorin der Studiengänge Gesundheitsförderung (B.Sc.), Public Health (M. Sc.)

Gebäude 53 , Raum 042
Susan Wank+49 661 9640-6321
Sprechzeiten
Studierende: Di. u. Mi 9:00 - 11:00 Uhr, sowie 13:00 - 14:00 Uhr Studieninteressierte: Mo. u. Do. von 9:00 - 14:00 Uhr sowie nach Vereinbarung