Kunst am Campus
"24 Scheiben 7 Quadrate" von Franz Erhard Walther
Innenhof von Gebäude 53
Auf der Fassade im Innenhof von Gebäude 53 ist das neueste Werk von Franz Erhard Walther zu sehen. Ein Ensemble von 24 Metallscheiben und 7 Quadraten mit einem Durchmesser von 90 cm aus 5 mm starkem eloxierten spiegelnden Stahl ist in einem festgelegten Rhythmus auf den Wänden der neuen Campusfassade angebracht.
"An Fassadenteilen im Innenhof von Gebäude 53 soll eine bildhaftplastische Situation geschaffen werden, die eine optische Markanz bildet und unverwechselbar ist. Die Architektur verlangt eine proportionale Monumentalität. Proportionalität meint, dass sich das Werk nicht gegen die Architektur stellt. Dennoch muss sie eine klare Autonomie haben. Das Werk sollte unbedingt mit der Gegenwart verbunden sein, was den Gebrauch traditioneller Materialien und Formen ausschließt." Franz Erhard Walther, 2021
Bildnachweis für Foto 1 und 2 der Galerie: © Stadt Fulda / Christian Tech
Bildnachweis für Foto 3 und 4 der Galerie: © Werner Huthmacher Photography
Wortwerk "Alphabet" von Franz Erhard Walther
Treppenraum als eigenständige skulpturale Form
Das Gebäude 32 der Hochschule, in dem sich Labore des Fachbereichs Lebensmitteltechnologie und Elektrotechnik und Informationstechnik sowie das Hochschulpräsidium befinden, hat eine besondere Treppenhalle. Schon zu Baubeginn schwebte den Architekten und Franz Erhard Walther vor, den Treppenraum als eigenständige skulpturale Form zu begreifen. Walther war auf Empfehlung des Kunstbeirates des Landes Hessen als Künstler mit internationaler Anerkennung und regionalem Bezug für dieses Projekt des Programms „Kunst am Bau“ vorgeschlagen worden. Um zu verhindern, dass ein plastisches Werk in Konkurrenz zur Architektur tritt, schlägt der Künstler deshalb ein zweidimensionales „Wortwerk“ vor, das im Dialog mit dem architektonischen Raum stehen solle.
Das Wortwerk „Alphabet“ geht zurück auf eine Schrift, die Walther selbst 1958 an der Werkkunstschule Offenbach entwickelt hatte. Es ist ein besonders gestaltetes Alphabet, das als Relief in einem gemeinsamen Prozess von Künstler, Architekt und Handwerkern umgesetzt wurde. Das Alphabet ist in die Wandoberflächen und Brüstungen integriert und zeichnet sich nur durch die Form ab. Auch auf Farbe verzichtete Walther, um den Betrachtern die Möglichkeit zu geben, das dezente Spiel von Licht und Schatten in den Vertiefungen der Buchstaben wahrzunehmen. „Der Eingangsbereich ist so etwas wie eine begehbare Skulptur geworden“, sagte Franz Erhard Walther bei der Einweihung des Gebäudes im September 2016. Sein Honorar spendete der Künstler der Hochschule, die damit sechs Deutschland-Stipendien finanziert.
Franz Erhard Walther wurde 1939 in Fulda geboren. Er studierte an der Werkkunstschule Offenbach, der Hochschule für Bildende Künste Frankfurt und an der Kunstakademie Düsseldorf. Ende der 60er Jahre bis 1971 lebte Walther in New York und stellte dort auch im MoMa (Museum of Modern Arts) aus. Von 1971 bis 2005 war er Professor an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Seither lebt und arbeitet der Künstler wieder in Fulda. Walther ist mehrfacher Documenta-Teilnehmer, neben anderen Auszeichnungen auch Träger des Kulturpreises der Stadt Fulda sowie Preisträger der Biennale 2017 in Venedig. Walther gilt als Pionier der partizipativen Kunst. Nach seinem Verständnis vervollständigen sich seine Werke, die er „Werkstücke“ nennt erst durch die Interaktion des Betrachters mit ihnen zu Kunstwerken.
Die Vergessenskurve von Dolores Zinny und Juan Maidagan
Wie Erinnerung funktioniert
Schon von weitem fällt sie auf. Golden glänzt die kurvenreiche, fünf mal fünf Meter große Skulptur auf dem Weg zur Mensa oder zur Bibliothek und zum SSC. Mitten auf dem Campus der Hochschule Fulda steht seit Anfang Dezember 2013 das Kunstwerk der argentinischen Künstler Dolores Zinny und Juan Maidagan. Dreht man sich um die eigene Achse, sieht man von hier aus Gebäude der Hochschule aus vier Epochen: die alten Kasernen der Jahrhundertwende, die aus den 30er Jahren, Bauten aus den 70er und 80er Jahren sowie die im letzten Jahr eingeweihten drei Neubauten.
„Als wir diesen Campus zum ersten Mal gesehen haben, wurde uns schnell klar, es muss darum gehen Vergangenheit hervorzuholen, eine visuelle Vorstellung von Erinnerung zu geben“, berichtet Dolores Zinny. Die Vorgabe des Kunstwettbewerbs des Landes Hessen war, dass sich das Kunstwerk, das auf dem Campus der Hochschule Fulda errichtet werden sollte, mit der Konversion eines militärischen Geländes in eine zivile Nutzung beschäftigen solle. „Wir wollten den Leuten nichts ‚Fertiges‘ vorsetzen, das nur eine Deutung zulässt. Die ‚Vergessenskurve‘ lädt zum Nachdenken ein, wir wollten die Subjektivität des einzelnen Betrachters ansprechen“, sagt Juan Maidagan.
Ebbinghaus‘ Hypothese
Wie kamen die Künstler auf die Idee zur ‚Vergessenskurve‘? Dolores Zinny erinnert sich: „Ich habe gesucht, wer zum Thema Vergessen/Erinnerung geforscht hat und bin so auf das Werk von Hermann Ebbinghaus gestoßen. Das hat uns zu dieser Skulptur inspiriert.“ Der Psychologe Hermann Ebbinghaus stellte 1885 die Hypothese von der exponentiellen Natur des Vergessens auf. Die Vergessenskurve veranschaulicht den Grad des Vergessens innerhalb einer bestimmten Zeit. Das Kunstwerk ist quasi eine dreidimensionale Grafik. Die waagerechte Achse entspricht der verrinnenden Zeit, die Senkrechte dem Grad der Erinnerungsmöglichkeit. Juan Maidagan erklärt: „Es ist ein Koordinatensystem, das zeigt, wie Erinnerung funktioniert.“
So nimmt das Werk Bezug nicht nur zur Geschichte des Ortes, sondern auch zur deutschen Historie. An einem Ort, an dem früher Soldaten ausgebildet wurden – ein großer Teil der Gebäude der Hochschule sind ehemalige Kasernen – studieren heute junge Menschen. Der Verlauf der Kurve in abfallenden Wellen zeigt auch, wie zum Beispiel die Erinnerung an schreckliche Ereignisse, etwa den Zweiten Weltkrieg, zunächst verdrängt wird und erst mit einem gewissen Abstand wieder an die Oberfläche kommt, in Intervallen wieder auftaucht und mit der Zeit immer schwächer wird. „Das haben wir selbst ja auch erlebt“, erzählt Dolores Zinny. „Wir waren gerade in New York, als 2001 nur wenige Häuserblocks entfernt Terroristen den Anschlag auf das World Trade Center durchführten. Zuerst waren wir geschockt. Dann haben wir funktioniert, der Alltag musste ja weitergehen. Erst nach einiger Zeit waren wir in der Lage zu reflektieren, was eigentlich passiert war.“
Über die Künstler
Dolores Zinny (1968) und Juan Maidagan (1957) sind in Argentinien geboren. Beide studierten an der Universität von Rosario; Dolores Zinny Kunstwissenschaft und Juan Maidagan Medizin. Von 1994 bis 2002 lebten sie in New York, seitdem wohnen und arbeiten sie in Berlin. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, unter anderem bei der 50. Biennale in Venedig, im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt und im New Museum of Contemporary Art in New York.
Zur Website der Künstler: http://zinny-maidagan.com/
"Kopf" von Robert Sturm
Bekannter Keramikkünstler lehrte an der damaligen Fachhochschule Fulda
Seit wenigen Jahren ist an der Hochschule Fulda ein Werk des europaweit bekannten Keramikkünstlers Robert Sturm (1935 – 1994) zu sehen. Er war nicht nur Bildhauer, sondern auch Professor am Fachbereich Sozialwesen. Die Hochschule ehrt damit auch das Andenken an einen ihrer früheren Lehrenden, dessen Wirken weit über die Hochschule hinausging.
Rechts neben der großen Treppe im Erdgeschoss der Bibliothek am Hochschulcampus steht die schmale, weiße Stele mit der etwa 40 Zentimeter hohen Skulptur. Studierende und Dozenten, die sich dort in den Regalen die für sie bestellten Bücher abholen, kommen auf jeden Fall an ihr vorbei. Beim Betrachten scheint es auf den ersten Blick so, als habe die Skulptur im Meeresgrund oder im Erdboden verborgen gelegen. Man denkt vielleicht an oxydierte Bronze, verrostetes Metall oder Schwemmholz, von der Zeit zerfressen, eventuell ein Überbleibsel einer archaischen Figur. Doch die von der Hochschule neu angekaufte Plastik mit dem Titel „Kopf“ besteht aus Ton, geschaffen von dem international bekannten Keramikkünstler Robert Sturm.
Dass in der Bibliothek der Hochschule Fulda eines seiner Werke zu sehen ist, kommt nicht von ungefähr. „Es gibt einen besonderen Zusammenhang“, erklärt Prof. Dr. Karim Khakzar, Präsident der Hochschule Fulda: „Robert Sturm war ein ehemaliger Kollege und ein renommierter Künstler; seine Werke sind einigen Kolleginnen und Kollegen noch sehr präsent. Deshalb waren wir auch froh, eine seiner Skulpturen erwerben zu können und hier in der Bibliothek der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Sturm habe zu den Persönlichkeiten gehört, die die Hochschule in ihren frühen Jahren prägten. Studierende, die mit ihm zu tun hatten, hätten von einer Doppelbegabung Sturms profitiert: Er habe als Künstler fasziniert und sei ein Lehrender mit Ausstrahlung gewesen, wie sich ein früherer Kollege erinnert.
Robert Sturm gehörte zur internationalen Spitze der Keramikbildhauer und wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Die Skulpturen und Grafiken, die er in seinem Atelier in Dipperz schuf, waren weltweit auf über 80 Ausstellungen zu sehen und werden auch heute noch in vielen bekannten Museen in Europa gezeigt.
1935 in Bad Elster in Sachsen geboren, studierte Sturm als Meisterschüler an der Kunsthochschule in Kassel in der Bildhauerklasse von Walter Popp. Schon damals war Ton sein bevorzugtes Material, aus dem er vor allem Köpfe, Torsi und Reliefs schuf. Und er fand sein Thema: „Wie ein roter Faden zieht sich die Auseinandersetzung mit dem Fragmentarischen durch alle Stationen meines Schaffens. Fragmentarisches kann Prinzip und Idee sein. Das Fragment gibt Spielraum im Denken und Fühlen des Betrachters. Das Fragment ist für mich Zeichen für die Gebrochenheit der Welt, in der wir leben.“ So hatte er selbst sein Werk charakterisiert.
Sturm gehörte – wie auch seine spätere Frau Ute Sturm-Jöhrens zum Urgestein der Hochschule. Sie arbeiteten seit den 60er Jahren an der Vorgängereinrichtung, dem Pädagogischen Fachinstitut (PFI) und seit 1971 an der Fachhochschule: er bis kurz vor seinem Tod als Professor für Kunst- und Medienpädagogik am Fachbereich Sozialwesen, sie als Lehrbeauftragte in der Sportausbildung.
Auch für ihren 1968 geborenen Sohn Jörg gibt es einen besonderen Zusammenhang. Er wuchs quasi an der Hochschule auf, rutschte als Kind im Nebenraum der Turnhalle auf den Hochsprungmatten herum, schaute seinem Vater bei der Arbeit an den Brennöfen zu oder inspizierte die Dunkelkammer des Fotolabors. Mittlerweile Architekt geworden, gewann er den Wettbewerb für den Neubau eines Unterrichts-, Labor- und Verwaltungsgebäudes auf dem Campus der Hochschule Fulda. Dass die Hochschule ein Werk seines Vaters gekauft hatte, wusste er zu der Zeit nicht. „Das hat unsere ganze Familie sehr gefreut. Es ist eine schöne Doppelung: Mein Vater hat an der Hochschule gelehrt und als Künstler gewirkt, und unser Architekturbüro baut nun hier.“ So schließt sich der Kreis.
Projekt "Bindeschuh"
Kunst von Menschen mit kognitivem Handicap
„Bindeschuh“ ist ein integrativ-inklusives Kunst- und Kulturprojekt am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Fulda, in dem Menschen mit und ohne kognitives Handicap gemeinsam künstlerisch tätig werden. Seit 1992 werden neben traditionellen Medien auch Computer und Tablets als Ausdrucksmittel benutzt. Für die Erschließung der Möglichkeiten, die die digitale Bildgestaltung für das künstlerische Schaffen von Menschen mit Handicap bietet, wurde das Projekt 1997 von der UNESCO geehrt. Auch mit dem „Lothar-Späth-Preis“ und dem Künstlerpreis der Aktion Kunst Stiftung Nordrhein-Westfalen wurden Projektmitglieder bereits ausgezeichnet.
Wie kam es zu dem Namen „Bindeschuh“?
Prof. Dr. Gert Gekeler, der Gründer des Projekts: „Der geht auf einen mehrfach behinderten Künstler zurück, der immer "binde Schuh" rief, bevor er sich auf die Schuhbänder von Studierenden und Professoren stürzte, um diese zu öffnen.“ Die Studierenden hätten dann den Namen "Bindeschuh" für das Projekt vorgeschlagen, um zu betonen, dass das soziale Ereignis eine wichtige Rolle spiele. Der inzwischen pensionierte Gekeler hatte „Bindeschuh“ 1992 gemeinsam mit der Lebenshilfe Fulda-Hünfeld zunächst als Malkurs ins Leben gerufen. Doch schon bald wurde die Computerkunst zum Aushängeschild des Projekts.
"an" - Zwei gleiche Massen von James Reineking
Bereicherung und Ergänzung der runden Platzgestaltung durch die Plastik
Der alte Campus der Hochschule Fulda wurde in den 80er Jahren im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes 46 im Rahmen eines Architektenwettbewerbs völlig neu gestaltet. Vorher war hier statt Campus ein schlichter Parkplatz. Den Wettbewerb für die Gestaltung der Außenanlagen gewannen damals der Landschaftsarchitekt Klaus Heigel und der Bildhauer James Reineking.
Das Staatsbauamt Fulda (Kunstreport, herausgegeben vom hess. Finanzministerium 1994) schreibt hierzu: „Eine in ihrer Farbigkeit mit dem Ziegelrot der umliegenden Gebäude korrespondierende Pflasterung definiert den Platz als Kreis. Nach außen begrenzt wird er mit wiederum kreissegmentartig geformten Sitzgelegenheiten. Die so von einem Landschaftsarchitekten angelegte runde Platzgestaltung wird in Richtung des Altbaus bereichert und ergänzt durch die Plastik „an! – zwei gleiche Massen von James Reineking.“
Die Skulptur ist sehr simpel aufgebaut. Sie besteht aus zwei aufeinandergesetzten Stahlplatten, einer tragenden, segmentbogig gerundeten und einer darauf lastenden breiteren, dafür aber niedrigeren Form mit gleicher Krümmung. Die beiden Kreissegmente sind zueinander versetzt. Der lastende Teil ragt links nach innen zur Kreismitte und rechts nach außen bündig über. Da der Berührungspunkt genau in der Mitte der 7 m langen Formen liegt, entsteht ein stabiles Gleichgewicht. Wie im Titel angegeben, haben beide Teile dasselbe Gewicht.
James Reineking wurde 1937 in North Dakota, USA geboren, studierte an verschiedenen Universitäten in den USA und schloss 1967 mit dem Master of Fine Arts ab. Er erhielt mehrere Stipendien und nahm u. a. an der Ausstellung „Skulptur“ in Münster und an der Dokumenta teil. Seit 1980 lebt er ständig in Deutschland, war 1989 erster Stadtbildhauer in Hanau und von 1990 bis 2003 Professor für Bildhauerei an der Akademie für bildende Künste in München. Reineking starb am 25. August 2018.
George Rickey "Two fixed and two moving lines assymetric"
Über fünf Meter hohes kinetisches Objekt
Am südlichen Rand des Campusgeländes der Hochschule Fulda steht seit 35 Jahren eine kinetische Freiplastik des amerikanischen Künstlers George Rickey.
Ende 1982: Das Förderprogramm des Landes Hessen "Kunst am Bau" eröffnet auch der Hochschule Fulda die Möglichkeit, ein Kunstwerk zu erwerben und auf dem Campus aufzustellen. Die Wahl fällt auf ein kinetisches Objekt von George Rickey, das als Teil der Ausstellung "Spielraum - Raumspiele" vor der Alten Oper in Frankfurt stand. Das Staatsbauamt Fulda vermittelt den Ankauf für die Hochschule für 90.000 Mark. Im Dezember '82 wird die Plastik in Fulda aufgestellt und am 13. April 1983 in Anwesenheit des Künstlers eingeweiht.
Die über fünf Meter hohe Freiplastik ruht und bewegt sich. Ihre asymetrisch angebrachten, nadelartig zulaufenden Arme aus Metall reagieren wie die Äste eines Baumes. Sie drehen sich je nach Richtung und Intensität des Windes - ohne Motor.
Rickey, mehrfacher Documenta-Teilnehmer, wurde 1907 in South Bend/Indiana, USA geboren. Er studierte unter anderem in Oxford, Paris und Chicago. Der bis ins hohe Alter zwischen East Chatham/New York, Santa Barbara/Kalifornien und Berlin pendelnde Künstler gilt als einer der Wegbereiter der modernen Kunst. Seine ersten Mobiles entstanden 1945 unter dem Eindruck der Arbeiten Alexander Calders. Rickey starb am 17. Juli 2002.