Meldungsdetails

Spiritualität und Personalführung

19.06.2018

Foto: Auf dem Foto sind - eingerahmt von den Studierenden - Prof. Dr. Peter Finzer,  der Präsident der Hochschule Fulda, Prof. Dr. Karim Kakhzar, Prof. Dr. Cornelius Roth sowie der Rektor der Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Christoph G. Müller, zu sehen. (vlnr) (Bildquelle Robert Groß)

Die Theologische Fakultät Fulda und die Hochschule Fulda bieten in diesem Semester eine gemeinsame Lehrveranstaltung an – und damit eine neue Form der Kooperation beider Einrichtungen.

Die Theologische Fakultät Fulda und der Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Fulda bieten in diesem Semester erstmals eine gemeinsame Seminarveranstaltung für die Studierenden beider Einrichtungen an. Damit füllen sie den Kooperationsvertrag weiter mit Leben, den die Hochschule Fulda und die Theologische Fakultät Fulda im August vergangenen Jahr unterzeichnet hatten mit der Absicht, die Zusammenarbeit zu vertiefen und unter anderem auch in der Lehre enger zusammenzuarbeiten. 25 Studierende aus beiden Einrichtungen nehmen an dem Angebot teil.

 

Geistige Grundlagen und religiöse Kontexte ethischer Führung

Die Professoren Peter Finzer, Hochschule Fulda, und Cornelius Roth, Theologische Fakultät Fulda, haben dazu zwei Themen miteinander in Verbindung gesetzt, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam zu haben scheinen, auf den zweiten jedoch eng zusammenhängen: Spiritualität und Personalführung. „Spiritualität steht für etwas Geistiges. Setzt man den Begriff der Spiritualität zu dem der Ethik in Beziehung, wird die Schnittmenge zwischen beiden Bereichen schnell deutlich“, erläutert Prof. Finzer. „Es geht um die Frage, aus wessen geistigen Grundlagen oder auch religiösen Kontexten eine ethisch korrekte Führung sich entwickelt.“

 

Studierende untersuchen historische Zeugnisse

Prof. Finzer erläutert das Gedankengebäude dahinter: „Wir gehen nicht von einer heilen Welt der Führung aus“, sagt er. „Es gibt auch eine dunkle Seite.“ Am Beispiel von Machiavellis Leben und Werk, am Beispiel von Narzissmus und Habgier oder des Bathsheba-Syndroms wird dies unter anderem in der Lehrveranstaltung erarbeitet. Wo kommt diese dunkle Seite her? Wie lässt sie sich verhindern? Gemeinsam mit den Studierenden wollen die beiden Professoren aber auch schauen, ob sich in der Historie Beispiele für die helle Seite der Führung finden lassen, ob Führungskonzepte beschrieben oder normativ konstruiert sind, die diese Seite beleuchten. „In der Tradition christlicher Spiritualität gibt es eine Reihe von Zeugnissen, die sich mit der richtigen Art der Führung und Leitung beschäftigen“, erläutert Prof. Roth. Zu nennen seien hier etwa die Regel des heiligen Benedikt aus der Spätantike oder die Ratschläge Bernhards von Clairvaux an Papst Eugen III. im 12. Jahrhundert.

 

Erstaunlich aktuell: die Regeln des heiligen Benedikt

In der Regel des heiligen Benedikt, die für das christliche Abendland maßgeblich geworden ist, steht unter anderem festgeschrieben, wie ein Abt sein Kloster zu führen und welche Aufgaben ein Cellerar hat, der bis heute für die wirtschaftlichen Belange zuständig ist. „Man ist erstaunt, wie aktuell solche Verhaltensregeln sind“, betont Prof. Roth. „Und tatsächlich sind ja große Klöster heute auch kleine Unternehmen, die klug und mit Augenmaß geführt werden müssen – Klugheit und Maß sind zwei zentrale Begriffe aus der Regel des heiligen Benedikt.“ Bezogen auf die Diskussion um die verschiedenen Seiten der Führung könne man fragen: Gibt es hier Anhaltspunkte für die helle Seite der Führung? Welche Implikationen haben sie auf unser heutiges Führungsverständnis? Und wie lassen sie sich in unsere heutige Zeit übertragen?

 

Servant Leadership: dienen und führen

In den USA ist mit dem Modell der Servant Leadership ein Ansatz der Personalführung entwickelt worden, der Spiritualität und Personalführung miteinander verbindet. „Hier lassen sich schnell Bezüge zum Neuen Testament herstellen“, sagt Prof. Finzer und Prof. Roth erläutert, warum das so ist: „Für Jesus bedeutet Leitung vor allem Dienst. Jesus selbst verstand sich als einer, der dient, und trotzdem hat er die Jünger geführt. Was kann dies für ein heutiges Führungsverständnis bedeuten?“

 

Entstehung heller und dunkler Führung bewusst machen

In Deutschland wird darüber wenig diskutiert. „Die Forschung habe die dunkle Seite der Führung bislang nahezu ignoriert“, sagt Finzer. Bekannt sei, dass  „Bad Leadership“ durchaus eine hohe Führungseffizienz hinsichtlich der Organisationsziele aufweisen kann. Und das zeige: Ethisch gute Führung sei kein Selbstläufer. Menschliche Unzulänglichkeiten verbunden mit negativen Strukturen und Rahmenbedingungen ließen in Organisationen oft genug die dunkle Seite der Führung zu Tage treten. Umso bedeutsamer sei es, dass sich die Studierenden damit beschäftigten. „Es ist wichtig, dass den Studierenden mögliche Entstehungsmuster heller und dunkler Führung bewusst werden“, sind die beiden Professoren überzeugt. „Die meisten von ihnen werden sich ja hoffentlich in der Zukunft in Führungsverantwortung wiederfinden. Und da können Impulse aus der Spiritualität vielleicht für sie wichtig werden.“

 

zurück